Der 5000 Quadratmeter große Privatgarten von Isabell Bayer-Lueger ist 100 Jahre alt und der wohl schönste und vielfältigste Garten der Steiermark. Mit Fachwissen, Zuwendung und Fantasie wurde aus dem verwilderten Grundstück ein steirisch-exotischer Park.
Wie alles begann…
Als Isabell Bayer-Lueger und ihr Mann 1999 im kleinen Hartberg in der Steiermark das verwilderte Grundstück entdeckten, wussten sie sofort: Hier werden ihre Träume Gestalt annehmen. Sie näherten sich dem Garten durch unzählige Spaziergänge zur Erkundung der verschiedenen Raumqualitäten. Sie fanden eine 100 Jahre alte Magnolie, einen Hainbuchen-Kreis, uralte Trockensteinmauern, vom wilden Wein überwachsene Zwetschgenbäume und mächtigen Haselnusssträucher. „Der Garten war früher bekannt wegen seines Pflanzenreichtums und der alleinstehenden Dame, die von weit her ihre Pflanzenlieblinge geholt hat“, erzählt die Gartenarchitektin mit strahlenden Augen. „Diese Vielfalt haben wir nach dem Hausbau noch erweitert.“ Zunächst wurden alle bestehenden Pflanzen und Bäume vermessen und eine sogenannte radiästhetische Bestandsaufnahme durchgeführt. Das neue Haus sollte möglichst kompakt erscheinen, energetisch optimiert sein und so wenig wie möglich Bodenfläche verbrauchen – und natürlich in den alten Garten „hineingebastelt“ werden. Gründächer waren ebenso Bestandteil der Planung wie das Prinzip, keinerlei Boden zu versiegeln.
Erstes Resümee
Das Ergebnis dürfte selbst Isabell Bayer-Lueger und ihren Mann überrascht haben: Das Haus wurde mitten in den Garten in die Geländekante hineingesetzt. An der Südseite lehnt eine uralte Magnolie, der Hainbuchen-Kreis sorgt im Sommer für die notwendige Beschattung. Alle Dächer sind über und über begrünt, die Trockenstein-
mauern wurden erhalten und terrassieren das leicht südseitig abfallende Gelände. „Es war uns außerdem wichtig, dass wir ausschließlich Naturmaterialien wie Kies, Schotter, Natursteine und Holz verwenden“, berichtet Isabell Bayer-Lueger.
Der Weg ist das Ziel
Nun fehlte nur noch ein schmucker Garten. „Nach dem Hausbau habe ich eine Entwurfsskizze gemacht, nach der wir dann vorgegangen sind“, erzählt Isabell Bayer-Lueger. Die Sitzbereiche wurden mit Schotter ausgelegt, die Bepflanzung wurde aber nicht im Detail geplant, sondern stets vor Ort entschieden. Geblieben sind natürlich der Bestand an Bäumen und Blumen – nach der jahrzehntelangen Verwilderung sind ein paar Pfingstrosen, einige Phlox, Flieder, Jasminsträucher und im Frühjahr ein See von Blausternen geblieben. Ansonsten war ein formales Grundkonzept wichtig, in den einzelnen Bereichen herrscht jedoch verspielte Üppigkeit vor. Es wurde ein neuer Schwimmteich in zwei Ebenen angelegt. Dieser dient bei der Entwicklung eines Biofiltersystems als Versuchsanlage. Im nahe gelegenen Schottergarten vermehren sich Huflattich, Klatschmohn, Kamille und das kleine Löwenmaul in Massen von selbst.
Was blüht denn da?
„In den Staudenbeeten zeigt sich die Pflanzensammelleidenschaft meines Mannes“, schmunzelt Isabell Bayer-Lueger. Im Jahreszeitenwechsel blühen dort –natürlich farblich abgestimmt –ca. 3000 Taglilienraritäten in den Farben Gelb, Orange und Rot, traumhaft schöne Pfingstrosen in Weiß, Rosa und Violett, 400 Funkien und allerlei Eingetauschtes. Ein weiteres Highlight sind die 40 Magnolien, die das Ehepaar aus dem Tessin mitgebracht hat. Eine Albizie beschattet die Sitzterrasse, Wisterien überwuchern Rankgerüste, zehn unterschiedliche Bambussorten verleihen auch im Winter dem Garten seinen Charme. Auch viele Pflanzenraritäten wie eine Himalayazeder, der Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch, ein Taschentuchbaum, verschiedene Judasbaum-Sorten, das Mammutblatt und vieles mehr haben einen schönen Platz im Garten gefunden. Auf die Frage, ob sie den ganzen Garten alleine bewirtschaftet strahlt Isabell Bayer-Lueger: „Mein Mann und ich haben beide keinen 40-Stunden Job und unseren Beruf zum Hobby gemacht. Mein Mann ist Gärtner und Nomade auf Zeit (Wüstenexperte!), von April bis Juli aber zuhause. Ich bin freischaffende Gartenarchitektin und teile mir meine Zeit so ein, dass viele Tage nur dem Garten gehören.“
Am besten schmeckt‘s aus dem eigenen Garten
Im 200 m2 großen Waldgarten blüht ein üppiges Sammelsurium aus Schneerosen, Funkien, Hortensien, Anemonen, Silberkerzen, Farnen und Salomonssiegel. Vorbei am Wassergraben führt ein Rindenmulch-Weg zum Nutzgarten – ein weiteres Herzstück des Gartens, der zur Selbstversorgung beiträgt. Hier finden sich unter anderem Quitten, Mispel, Feigen, Heidelbeeren und etliche Weinstöcke. „Der Gemüsegarten wird im Hochbeet-System bewirtschaftet“, erzählt die Hobbygärtnerin. „Dafür entwickelten wir eigens das Hartberger Hochbeet. Wir experimentieren gerne mit Spargel, marokkanischem Safran, Minzen, Bohnen aus Nepal oder Zinnien aus Ägypten.“ Die Kompostwirtschaft ermöglicht es, den organischen Kreislauf zu erhalten. Der gesamte, pflegeleichte Garten wird organisch gedüngt und kommt ohne chemische Pflanzenschutzmittel aus. Und mittlerweile kommen 45 Vogelarten zu Besuch: Ein weiterer Beweis, dass naturnahes Gärtnern für die Natur und für das gesamte Ökosystem sinnvoll ist.
Skulpturenreich – Kunst spielt eine große Rolle
Vor einigen Jahren wurde noch das 1500 Quadratmeter große Nachbargrundstück dazugekauft: Dieser Teil liegt ca. zwei Meter tiefer und wird daher als Senkgarten bezeichnet. Von einem selbst angelegten „Skywalk“ mit Aussichtsplattform schaut man vom oberen Garten auf eine Fläche, die jährlich neu bei dem großen Gartenevent „Garten+Kunst“ mit Installationen und Taglilienraritäten in Szene gesetzt wird. Kunst spielt in ihrem Garten eine wesentliche Rolle: “Für mich ist die Natur eine wundervolle Künstlerin, daher passen auch entsprechende Objekte fantastisch in die Natur“, schwärmt Isabell Bayer-Lueger, „Beide sind ein Ausdruck freigewordener Kreativität. Und die Skulpturen, die überall im Garten zu finden sind, runden das Gesamtkunstwerk Garten ab.“
Mehr Infos unter www.bellabayer.at
TEXT: Victoria Wegner
FOTOS: Bella Bayer