Manchmal erinnern sie an uralte Männer, manchmal aber auch an junge und energiegeladene Kraftprotze: wie verlässliche Wächter in Reih und Glied stehen viele Bäume hierzulande in Alleen. Jeder kennt das ehrfürchtige Gefühl, wenn man zu Fuß eine Allee entlangschlendert oder mit dem Auto durchfährt. Die von ihnen ausgestrahlte Ruhe, das Schattenspiel und das beruhigende Rauschen der Blätter machen sie zu einem ganz besonderen Naturerlebnis. Ein kleiner Bericht über die kleinen, großen, jungen und alten Alleen.
Herkunft der baumgesäumten Wege
Das Wort Allee hat seinen Ursprung im Französischen und leitet sich von dem Verb „aller“, auf deutsch „gehen“, ab. Baumbestandene, schattige Wege in barocken Schlossgärten wurden schon im 17. Jahrhundert mit dem Namen „Allée“ bezeichnet. Diese neue Art, Bäume und Parks geradlinig und architektonisch als Ausdruck von Stärke und Macht anzulegen, setzte sich schnell in den europäischen Hofgärten durch. Später nahm die Bekanntheit weiter zu, als Napoleon Bonaparte in Frankreich zahlreiche Alleen pflanzen ließ, um seinen Soldaten und Pferden Schutz vor der Sonne zu bieten. Von da an bezeichnete man alle beidseitig von Bäumen gesäumten Wege als Alleen. Bei und findet man vor allem in Brandenburg heute noch zahlreiche der prächtigen Baumwege; insgesamt sind es rund 10.000 Kilometer. Diese baumgesäumten Straßen wurden Ende des 18. Jahrhunderts angelegt und dienten mehreren Aufgaben: als Markierung des Ortseingangs, als Windschutz oder bei Obstbäumen auch zur Nahrungsversorgung des Dorfs. Leider fielen in Westdeutschland zahlreiche Alleen den Folgen der Straßenmodernisierungen in den 50er und 60er Jahren zum Opfer. Zahlreiche Baumbestände wurden dabei unwiederbringlich vernichtet.
Kulturell wertvoll und funktional
Alleen bieten viele praktische, aber auch ästhetische Vorteile. Als Kulturdenkmal prägen sie maßgeblich das typische Landschaftsbild Europas. Ihre majestätischen Erscheinungen sind ein Erlebnis und immer wieder eine Augenfreude. Doch die von Bäumen gesäumten Wege besitzen auch einige praktische Vorteile. Sie schützen vor Regen, Wind und hoher Sonneneinstrahlung, bewahren den Boden vor Erosion und bieten Lebensraum für verschiedenste Tierarten. Durch das veränderte Landschaftsbild fördern sie auch die Aufmerksamkeit der Autofahrer. Doch Achtung, im Winter können zugefrorene Abschnitte Fahrten durch Alleen zu Rutschpartien machen!

Die grünen Tunnel markierten früher oft eine Zufahrt zu einem Schloss, Gut oder Dorf.
Baumgesäumte Straßen: nicht nur auf dem Land
Wer kennt sie nicht, die großen Prachtalleen der Metropolen: ob „Champs-Élysées“ in Paris oder „Unter den Linden“ in Berlin. Diese Namen rufen intensive Bilder und meist auch Geschichten in Erinnerung. Baumgesäumte Straßen sind auch in Städten schon seit langer Zeit beliebt. Sie prägen das Stadtbild und machen jede Stadt einzigartig und um einiges grüner.
Ein Stück Anmut für Zuhause: die eigene Allee
Die meisten Mitteleuropäischen Alleen bestehen aus Bäumen wie Linde, Ahorn, Buche, Kastanie, Pappel oder Eiche. Die meisten Sorten besitzen relativ große Kronen, die nach einigen Jahren des Wachsens einen durchaus imposanten Anblick bieten. Wenn man von einer Allee für das eigene Heim träumt, sind kleinkronige, platzsparende Sorten die bessere Wahl. Auch Arten, deren Kronen säulenartig wachsen, sind für eine Mini-Allee gut geeignet. Alternativ sind aber auch schon zwei schöne Bäume am Grundstückseingang eine eindrucksvolle Erscheinung.

Das Schattenspiel der alten, weit ausladenden Bäume lädt zum Träumen ein.
„Der Weg ist das Ziel…“
Dieses Zitat trifft nicht nur auf viele Aufgaben im Leben, sondern auch auf unsere baumgesäumten Wege und Straßen zu.
Alleen sind mehr als rein praktische Wege, um Distanzen zurückzulegen. Ganz im Gegenteil, mit ihrer historischen Anmut und der ausstrahlenden Ruhe bieten sich die grünen Tunnel sogar zu Ausflugszielen mit dem Fahrrad oder Auto an. Vielleicht überlegen Sie jetzt auch, ihren eigenen Garten mit ein paar symmetrisch gepflanzten Bäumen zu verschönern. In den ersten Jahren braucht man etwas Geduld, aber sind die Bäumchen dann erst mal angewachsen, wünscht man sie sich aus dem eigenen Gartenreich nicht mehr weg.
TEXT: Merle Hildebrandt
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