England ist berühmt für seine Gärten. Es gibt wilde, romantische und die ganz formellen. Wir nehmen Sie mit auf unsere Reise nach Burford und zeigen Ihnen den Gartenschatz von Oxfordshire.
An der Südseite der Sheep Street in Burford reiht sich ein Haus ans andere. Dahinter versteckt ziehen sich dicht an dicht Gärten den Hang hinauf – lange, schmale Grundstücke mit sehr unregelmäßigen Grenzverläufen. Einer dieser Gärten hat lokalen Ruhm erlangt, weil er für einen Großteil des 20. Jahrhunderts die Redaktion der Zeitschrift The Countryman beherbergte, bis das Haus 1999 wieder zum privaten Wohnhaus wurde.
Als Rosemary Verey gebeten wurde, den Garten für die Ausgabe des Countryman im Frühjahr 1986 zu porträtieren, scheuchte sie die Leser als Erstes zum Obstgarten am Ende und zugleich höchsten Punkt des Gartens. Dort riet sie ihnen, sich umzudrehen und Richtung Norden über die Dächer und das Windrush Valley in die hügelige Landschaft zu schauen. „Der Blick ist atemberaubend, denn jeden Tag verändern sich das Licht, die Wolken, der Einfall der Sonnenstrahlen ein wenig … Der Kirchturm, die Steindächer der behaglichen Häuser, die fernen Felder und der weite Horizont lassen die Zeit stillstehen …“
Die herrlichen Blicke und die zeitlose Atmosphäre eines Cotswolds Cottage sind auch heute noch so wie zu Vereys Zeiten. Inzwischen gibt es aber mehr Pflanzen und eine größere Pflanzenvielfalt in Greyhounds, was der liebevollen Fürsorge und Expertise von Christopher Moore zu verdanken ist, der seine Zeit zwischen seiner Arbeit in Irland und seinem Cotswolds-Leben in Burford aufteilt. Ursprünglich war das heute Greyhounds genannte Haus das Heim eines Wollhändlers, erbaut wohl im späten 15. Jahrhundert. Irgendwann wurde es zum Greyhounds Inn, einem Wirtshaus an einer Viehtreiberstraße, die Gloucester mit Oxford und London verband und auf der Schäfer ihre Herden zum Markt brachten. Immer noch Gasthof, bekam das alte Holzhaus 1805 eine Steinfassade. Die Anlage eines richtigen Gartens hinter dem Haus datiert Moore auf die Jahre ab 1908, als eine gewisse Elizabeth Percival, Schwester des Ortspfarrers, den Besitz für 700 Pfund erwarb.
Percival scheint den Garten durch den Zukauf angrenzender Flächen vergrößert zu haben. Sie begradigte das abschüssige Gelände, legte dort, wo vorher Pferdeställe gestanden hatten, Terrassen und niedrige Stützmauern an. Greyhounds blieb unter mehreren Eigentümern in Privatbesitz, bis 1946 für die nächsten 50 Jahre die Redaktion von The Countryman einzog. Damals stand der Garten jedem neugierigen Passanten offen, den es in den hohen, überwölbten Durchgang zog.
Seit 1999 restaurieren und möblieren Moore und sein Partner, der aus Burford stammende Antiquitätenhändler Michael Taubenheim, das Haus mit Sorgfalt und Geschmack und legen dabei dessen historische Schichten frei, ohne auf modernen Komfort zu verzichten. Und auch der Garten blüht und gedeiht – nicht zuletzt dank Moores Leidenschaft für etwas ganz anderes: die historischen Häuser und Gärten Irlands.
An die Rückseite des Hauses grenzt eine sonnendurchflutete Terrasse, die vor hundert Jahren mit regionalem Stein gepflastert wurde und auf der heute bequeme Liegen und Eisenstühle stehen. Dazu sorgsam platzierte Terrakottatöpfe mit Formschnittbäumchen, Buchs und Lorbeer sowie perfekt ins Gesamtbild passenden Funkien. An drei der vier Mauern schmiegen sich eine riesige Immergrüne Magnolie, Echter Wein sowie ein alter Blauregen. Auch Sammlerstücke, wie alte Schilder und dekorative Schmiedearbeiten, haben hier ihren Platz gefunden.
Ein paar Stufen führen an einem winzigen Buchsparterre mit ausgewählten Farnen vorbei in den Garten. Und dann tritt man plötzlich aus dem zurückhaltenden Grün, das das Haus umkränzt, zur ersten einer ganzen Serie üppiger Rabatten, die im typischen Cottage-Gartenstil dicht besetzt sind mit Fundstücken, Ablegern, Tauschpflanzen, Sämlingen, aber auch mit all dem, was hier schon seit Jahrzehnten gedeiht, wie den wunderschönen Malven.
Von hier aus fällt der Blick auf ein kleines Cottage an der Grenze zum Nachbargarten. „Es war einst das Heim des Gärtners, der für beide Häuser tätig war“, erklärt Moore. „Anfang der 1930er mieteten Duncan Grant und Vanessa Bell es anscheinend und benutzten es als Atelier.“ Im Sommer verschwindet das Häuschen fast unter einem großen Birnenspalier sowie Massen von Malven, Salbei, Wiesenraute, Mohn, stahlblauen Edeldisteln und der „wirklich wunderbaren“, aber (in englischen Gärten) unerklärlicherweise vernachlässigten Lactuca plumieri – einem dekorativen Lattich mit hellblauen Blüten, die denen der Wegwarte ähneln.
Ein Steinpfad führt den gleichmäßig ansteigenden Hang hinauf. Er verläuft um einen alten Krocketrasen, entlang einem schmalen Beet an der Ostmauer und einem breiten nicht eingefassten Streifen üppig bepflanzter Rabatten im Westen.
Viele der Pflanzen stammen aus berühmten alten irischen Gärten, die heute nicht mehr ihren ursprünglichen Besitzern gehören: etwa Beech Park (wo David Shackleton in den Nachkriegsjahren in dem 0,8 Hektar großen ummauerten Garten seines Anwesens in Clonsilla rund 10 000 Pflanzenarten und -sorten anbaute) oder Primrose Hill, dem Dubliner Haus des Gartenexperten Robin Hall. Die Rose ‘Lady Hillingdon’, eine gelbe Kletterrose, und die „riesigen alten Knollen“ der Alpenveilchen (Cyclamen hederifolium) stammen aus Woodville, dem inzwischen abgerissenen Haus von Eva und Letitia Hamilton, irischen Malerinnen des 20. Jahrhunderts.
An den Krocketrasen schließt sich ein kleiner Obstgarten an mit großen alten Apfelbäumen sowie einem mächtigen Walnuss- und einem Maulbeerbaum, die beide mit ziemlicher Sicherheit vor hundert Jahren von Elizabeth Percival gepflanzt wurden. Die Apfelbäume könnten sogar noch älter sein.
Auf dem oberen Rasen schließlich, von dem aus Rosemary Verey den Blick über die alten Steindächer von Burford schweifen ließ, sitzen die Rabatten dicht an den hohen Trockenmauern. Ganz oben, in der südwestlichen Ecke, befindet sich ein von Christopher Moore entworfenes elegantes Lesekabinett mit Kamin und georgianischen Möbeln, dessen Fenster den Blick auf den Garten, die Dächer des Dorfes und das sanft ansteigende Tal freigibt.
FOTO © Clive Nicols/Callwey Verlag
Der Text in diesem Artikel ist aus dem Buch:
Kathryn Bradley-Hole
Englands schönste Gartenschätze
Preis: € [D] 39,95 / € [A] 41,10
ISBN: 978-3-7667-2473-1
In diesem umfassenden Band zur Englischen Gartenkunst erfahren Sie alles von den schönsten Gärten, Parks und Grünflächen der Insel. Saisonale Fotografien erfassen die großartigen, persönlichen, berühmten oder seltenen Gärten in ihren schönsten Momenten. Zusätzlich wird jeder Garten ausführlich in seiner Einzigartigkeit beschrieben. Ein Werk mit Inspirationsgarantie, das zum Schwelgen einlädt.