Schon in der Antike füllte man das Saatgut in ein Schilfrohr oder einen anderen hohlen Pflanzenstängel, dessen eines Ende mit Wachs verschlossen war, und schüttelte anschließend die Samen einen nach dem anderen aus dem gegenüberliegenden Loch. Später kamen pfiffige Gärtner auf die Idee, das Saatgut in ein kleines Stoffsäckchen zu füllen, einen Strohhalm in die Öffnung zu schieben und diese fest zusammenzubinden. Die Samen rannen durch den Strohhalm fein verteilt auf die Erde. Diese Methode eignet sich vor allem für die Aussaat von kleinsamigen Pflanzenarten. Sie funktioniert auch gut mit einem Trinkhalm.
Mit dem Salzstreuer säen
Um zu dichtes oder klumpiges Säen zu vermeiden, bastelten sich Gärtner Streudosen, indem sie in die Deckel von Metalldosen Löcher bohrten. Damit sich kein Samenstau bildete, schmirgelten sie die Ausfransungen auf der Innenseite glatt oder stießen die Löcher von innen nach außen durch.
Salzstreuer leisten ebenfalls gute Dienste beim gleichmäßigen Verteilen feiner Samen auf der Erde. Wohldosiertes Säen ist eine Frage der Übung. Bei geschickten Gärtnern rieseln Samen selbst aus Samentütchen oder einem zusammengefalteten Stück Papier genau in der richtigen Menge.
Feinarbeit mit Stricknadeln
In Samenschalen und Aussaatgefäßen stehen die Sämlinge meist sehr dicht und müssen ein oder zweimal umgepflanzt (pikiert) werden, um sich gut zu entwickeln. Dabei ersetzen Pikierhölzer die Feinarbeit, die die Finger nicht leisten können. Moderne Pikierhilfen sind meist aus Kunststoff gefertigt. Noch besser liegen Holzstäbchen in der Hand, und wenn es dereinst seinen Dienst quittiert, kehrt es in den Kreislauf der Natur zurück. Bei alten Bäuerinnen findet man noch gelegentlich ein ganzes Sortiment an Holzstricknadeln in verschiedenen Dicken zwischen den Gartenwerkzeugen liegen, passend für jede Pflanzengröße. Stricknadeln aus Kunststoff sind ebenso geeignet, wenn auch weniger
bruchsicher. Metallene liegen schwer in der Hand, sie sind kalt und rutschen leicht zwischen den Fingern durch.
Pikierhölzer sind unentbehrlich, um Löcher zu bohren und die Erde um die Setzlinge wieder fest anzudrücken. Ausrangierte Gabeln leisten gute Dienste beim Heraushebeln der Pflänzchen, indem sie verhindern, dass der Erdballen im Wurzelbereich auseinanderfällt, während man den Pflanzennachwuchs vorsichtig mit zwei Fingern hochhebt und zu seiner neuen Bleibe trägt.
Bei besonders zarten Keimlingen besteht die Gefahr, sie beim Anfassen zwischen den Fingern zu zerquetschen. In diesem Fall nimmt man besser eine stumpfe Pinzette zu Hilfe. Gärtner bastelten sich früher eine aus einem Stückchen Draht, dessen beide Enden sie mit dem Hammer breit klopften.
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»Ein Pflanzholz muss gut in der Hand liegen, sich gut anfühlen, damit das Arbeiten für Gärtner und Setzlinge ein Vergnügen ist.« Dies schärfte früher jeder Gärtnermeister seinen Lehrlingen ein. Gute Pflanzhölzer wurden von Gärtnermeistern an ihre Nachfolger, von Großeltern an die Enkel weitergereicht.
TIPP
Beim Gießen von Saatgefäßen werden die Samen oft weggeschwemmt, selbst wenn man eine Brause verwendet. Deckt man die Erde mit einem Stück Küchentuch ab, saugt das Papier das Wasser auf und verteilt es gleichmäßig, ohne die keimenden Samen zu stören.
Zum Pflanzen verwendeten Gärtner zunächst einfache Holzpflöcke, später Hölzer mit Knauf, T-Griff, spitzem oder stumpf abgewinkeltem Pistolengriff. Die ersten bestanden völlig aus Holz, später hatten sie eine mit Metall ummantelte Spitze, die leicht zu reinigen war. Moderne Geräte sind meist ganz aus Metall und brechen, da sie hohl sind, auf schweren Böden mit der Zeit am Griff ab. Die meisten Blasen an den Händen verursachen einfache Hölzer oder solche mit Knauf, die wenigsten Geräte mit Pistolengriff. Doch diese Unterschiede bemerken nur Gärtner, die viel pflanzen.
Wer über handwerkliches Geschick verfügte, stellte Pflanzhölzer selbst her. Die einfachste Ausführung fertigte man aus Haselholz, denn die Büsche wuchsen meist in Hausnähe. Hierzu diente ein etwa 3 cm breites und 20 cm langes, gerades, möglichst astfreies Stück, das am Ende angespitzt wurde. In der Regel entfernte man die Rinde. Besonders begehrt waren natürlich gewachsene Pflanzhölzer mit T- oder Pistolengriff, zum Beispiel aus Kirschholz.
Auch Schäfte abgebrochener Spaten und anderer Arbeitsgeräte kürzte man ein, spitzte sie an und verwendete sie als Pflanzholz. Spaten mit T-Griff waren für diese Zwecke besser geeignet als solche mit D-Griff.
Besondere Übung erforderte das Legen von Bohnenkernen mithilfe eines Haselsteckens, Spazierstocks oder Besenstiels. Mit der rechten Hand stießen die »Meister des Säens, ohne sich zu bücken« die Stange in den Boden schoben sie einige Male hin und her, um das Loch zu vergrößern, und warfen mit der Linken die Bohnenkerne in die Saatgrube. Mit dem Fuß schoben sie dann Erde über die Samen und traten sie fest. Oder sie gingen nach dem Säen mit einer Hacke die Reihen entlang und bedeckten die Bohnen mit Erde.
Wie geht man damit um?
Was nutzt das schönste Pflanzholz, wenn man nicht weiß, wie man damit umgeht? Viele Gärtner, so sie überhaupt eines besitzen, verwenden es wie eine Pflanzschaufel: mit dem Pflanzholz Loch bohren, Pflanze rein, Loch mit der Hand zuschieben. Das ist zwar nicht verkehrt, aber das Pflanzholz erlaubt noch eine viel pfiffigere Technik:
1. Pflanzholz in den Boden stoßen, es kreisend einige Male hin und her bewegen, um das Loch zu vergrößern.
2. Pflanze mit den Wurzeln senkrecht nach unten in das Loch halten, mit dem Pflanzholz je nach Bodenart etwa 5 cm vom Loch entfernt in die Erde stechen und diese fest an die Wurzeln drücken, damit sie Halt finden.
3. Das dabei entstandene neue Loch bleibt offen. Dort hinein gießt man das Wasser, wo es schnell an die Wurzeln gelangt. Bei dieser Pflanztechnik kommen die Hände so gut wie nie mit Erde in Berührung. Für festen Halt sorgt das Andrücken mit dem Pflanzholz, mit einiger Übung gelingt es mühelos. Für die Pflanzen hat dies den Vorteil, dass das Wasser, das sie zum Anwachsen dringend benötigen, ohne Verlust direkt in ihren Wurzelbereich gelangt und auch weniger schnell verdunstet als oben auf dem Beet. Dieses gezielte Gießen spart Wasser und beugt Schneckenbefall vor.
Abstand halten!
Damit die Reihen ein »Gesicht« haben und gerade verlaufen, spannen Gärtner eine Schnur von einem Beetende zum anderen und orientieren sich daran beim Pflanzen.
Eine verbesserte Art von Pflanzschnur sieht man gelegentlich noch in alten Klostergärtnereien: grobe Schnüre, die in bestimmten Abständen Knoten aufweisen. In diesem Fall geht es nicht nur um gerade ausgerichtete Reihen, sondern auch um korrekte Abstände. Die Seilstücke umfassen eine Beetlänge.
In Fachbüchern findet man bisweilen Angaben wie, Pflanzen im Abstand von 18,5 oder 25,5 cm zu setzen. Wer die Schnüre derart auf den Millimeter genau knoten möchte, wird sich bald die Haare raufen. Vier Schnüre mit Knoten im Abstand von jeweils 20, 30, 40 und 50 cm reichen im Gemüsegarten vollauf. Pfiffige knüpfen alle 10 cm einen Knoten und begnügen sich mit einem einzigen Seil. Um etwa 1 cm kürzere oder längere Zwischenräume zwischen den Knoten schaffen sicherlich kein Chaos auf den Beeten. Schneiden Sie die Schnur erst von der Rolle ab, nachdem Sie sie verknotet haben, denn die Knoten »schlucken« beträchtlich Schnur.
Genauso wie Pflanzschnüre ziehen auch Holzstücke verschiedener Länge, die neben Hacke, Schaufel oder Gießkanne im Geräteschuppen hängen, fragende Blicke auf sich. Viele dieser guten Stücke tragen Brandzeichen 20/30/40/50 oder 2–5 Kerben.
Fortpflanzen mit Maß
Dabei ist deren Verwendungszweck durchaus naheliegend: Pflanzschnüre spannt man mithilfe zweier Pflöcke längs über das Beet, die Hölzer schiebt man von einem Setzling zum anderen weiter.
Alle Texte in diesem Artikel sind aus dem Buch:
Andrea Kern
Gärtnerwissen aus alter Zeit – Alles für Zier- und Nutzgarten
€(D) 12,99 / €(A) 13,40 / sFr 18,90
ISBN 978-3-8354-1568-3
BLV Buchverlag
Säen mit dem Salzstreuer, Milch gegen Pilze, Begonien gegen Schnecken – selten reicht ein Gärtnerleben aus, um so einen Schatz an Erfahrung, Tipps und Tricks zusammenzutragen. Die Geheimnisse der Klosterschwestern, die Tricks derer, die aus Schaden klug geworden sind sowie Mond-, Wetter- und Bauernregeln hat die Gartenbauingenieurin Andrea Kern in ihrem Buch „Gärtnerwissen aus alter Zeit “ zusammengetragen.