Zuerst wurden die Tulpen im Orient kultiviert. Dort wurden sie als göttliche Blume verehrt, mit der sich die Herrscher geschmückt haben. Sie galt als eine der edelsten Blumen und wurde in großen Mengen in den Gärten des Sultans gepflanzt. Sie spielten eine große Rolle in der Kultur des osmanischen Reiches und in den Palastgärten wurden rauschende Tulpenfeste gefeiert.
Reise nach Europa
Die Tulpe war für die Menschen der damaligen Zeit eine höchst exotische Blume, denn man kannte sie vor dem 16. Jahrhundert weder in Deutschland noch in den Niederlanden. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts trat die Tulpe ihren Siegeszug nach Europa an. Über Umwege aus der Türkei gelangte sie in die Niederlande. Einer Legende nach, gelangten die ersten Zwiebeln bereits 1562 zusammen mit einer Ladung Tuchballen nach Antwerpen. Der Händler verwechselte sie mit Speisezwiebeln und aß sie. Da sie ihm nicht schmeckten, landeten Sie auf dem Komposthaufen. 1593 pflanzte Carolus Clusius die erste Tulpenzwiebel im Botanischen Garten der Universitätsstadt Leiden.
Tulpomanie
In den Niederlanden entwickelten sich die Tulpen besonders gut, die dortigen Boden- und Klimaverhältnisse kamen den Ansprüchen dieser Zwiebelblumen sehr entgegen. Anders als in Deutschland entstanden dort in kurzer Zeit viele neue Sorten, die den Grundstein für einen im wahrsten Sinne des Wortes blühenden Wirtschaftszweig legten. Von 1610 bis 1637 entwickelte sich der Handel mit Tulpenzwiebeln in den Niederlanden mit einer immer schneller werdenden Geschwindigkeit. Diese Entwicklung ging als Tulpomanie bzw. Tulpenwahn in die Geschichte ein. Um 1600 waren Tulpen in den Niederlanden zu einem Liebhaberprojekt geworden, die in den Gärten der sozial gehobenen Schichten kultiviert wurden. Mit der Fähigkeit, sich immer wieder in neuen Formen und Farben zu präsentieren, eroberte sie Europas Herzen im Sturm. Schnell gab es viele Sorten in den leuchtendsten Farben. Um 1630 waren schon ca. 800 namentlich unterschiedliche Tulpensorten bekannt.
Ein Königreich für eine Tulpe
Der Preis für die wertvollste Tulpe „Semper Augustus“ („der immer Erhabene“) lag Anfang 1637 bei astronomischen 10.000 Gulden. Das entsprach dem Gegenwert eines Amsterdamer Stadthauses. Die berühmte, rot-weiß gestreifte Tulpensorte war derart selten, dass von ihr kaum Exemplare erhältlich waren – nicht zuletzt deshalb, weil sie Opfer einer Virusinfektion war. Das Mosaikvirus, das von Blattläusen übertragen wird, war für die Bildung der geflammten Blütenblätter verantwortlich. Der begehrte Effekt ließ sich nicht planmäßig züchten. Die Tulpe war also ein reines Zufallsprodukt und ist heute ausgestorben.
Hollands großer Tulpen-Crash
Für einzelne Zwiebeln wurden atemberaubende Summen gezahlt, immer mehr Menschen wollten in diesem Handel mitmischen, um schnell viel Geld zu verdienen. Anfänglich eher zögerliche Investitionen warfen in kurzer Zeit hohe Profite und zogen weitere Investitionen nach sich. Es war eine aufregende Zeit, in der manche unendlich reich wurden und andere alles verloren. Wer konnte, belieh sein Haus oder verschuldete sich. Handwerker verkauften ihr Werkzeug, um Geld für Blumenzwiebeln zu haben. Die Preise für Tulpen verdoppelten oder verdreifachten sich teilweise in nur einer Woche. Gegen Ende der Tulpomanie wurde eine Zwiebel für einen Betrag verkauft, der dem Wert eines Hauses entsprach. Vieles in diesem Handel war letztlich heiße Luft – Zwiebeln wurden schon verkauft, bevor sie aus dem Boden geholt wurden. Dies geschah über Schuldscheine, die zu immer höheren Summen weiterverkauft wurden. Irgendwann stand dem, was angeboten wurde, kein realer Wert mehr gegenüber und der Handel brach 1637 zusammen. Am 7. Februar kam das Ende der Tulpomanie, der Handel stoppte gänzlich, was als erster „Börsencrash der Neuzeit“ bezeichnet wird. Bei einer Versteigerung gab es nicht mehr genug Käufer und die Preise fielen in den Keller. Viele Bürger hatten ihr ganzes Vermögen in Tulpenzwiebeln investiert und alles verloren. Am 27. April 1637 verfügte die holländische Regierung, dass Tulpen eine gewöhnliche Ware seien und bar bezahlt werden mussten.
Nichts wie raus!
Die Begeisterung, die die Tulpe im 17. Jahrhundert auslöste, inspirierte später viele Schriftsteller wie Mike Dash und Deborah Moggach, die vor einigen Jahren sogar die Filmrechte zu ihrem Buch „Tulpenfieber“ verkaufen konnte. Ob und wann der Film produziert wird, für den unter anderem Keira Knightley und Jude Law als Hauptdarsteller im Gespräch waren, ist nicht bekannt. Doch wer den täglichen Hiobsbotschaften in den Nachrichten für kurze Zeit entfliehen will, gönnt sich sein eigenes privates Tulpenfieber, geht in den Garten und pflanzt optimistisch den nächsten Frühling. Bis in den Dezember hinein können die Zwiebeln gepflanzt werden, solange der Boden nicht gefroren ist. Die meisten Tulpen eignen sich auch gut für Kästen oder große Töpfe. Mit etwas Glück findet man im Handel sogar Sorten, die mit ihren geflammten, mehrfarbigen Blüten jenen aus der Zeit des Tulpenwahns ähneln.
TEXT: Victoria Wegner
ILLUSTRATIONEN: IZB