Statt vermüllter Brachflächen oder Stiefmütterchen und Begonien in städtischen Grünanlagen, setzen immer mehr Kommunen auf eine bienenfreundliche Staudenpracht oder auch Naschbeete mit Obst und Gemüse. Hier heißt es „Betreten erlaubt, pflücken erwünscht!“
Gemüse statt Sommerblumen
Die Stadt Andernach liegt am Mittelrhein, der alte Stadtkern ist malerisch von einer gut erhaltenen Stadtmauer umgeben. Dicke Mauern und Türme zeugen von der Wehrhaftigkeit der Stadt. Mit den Rheinterrassen, dem Hindenburgwall und dem Stadtgraben ist die Stadt von vielen Grünflächen umgeben. Die meisten Flächen waren bisher kurzgeschorene Rasenflächen, ab und zu dekoriert mit einem Blumenbeet. Seit 2010 sehen diese Flächen anders aus. Statt Zierpflanzen stehen nun dekorative Gemüsepflanzen in den Beeten. Der Besucher entdeckt neben den Dahlien Nutzpflanzen wie Rhabarber, Kürbisse und Zucchini.
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43,90 €Der Gemüseanbau auf den öffentlichen Flächen zieht sich durch das gesamte Stadtgebiet. Vor allem im Bereich Schlossgarten, am Heimwartsturm und Mariendom gibt es viele Beete, die mit Gemüsepflanzen bestückt sind. 2010 wurden 101 Sorten Tomaten gepflanzt. Im folgenden Jahr prägten Rankgerüste aus Bohnenstangen die Anlage vor der Stadtmauer und es gab eine Vielfalt an alten Bohnensorten zu ernten. Es folgten Zwiebeln und Kartoffeln, jedes Jahr wird eine andere Gemüse- oder Obstsorte zum Schwerpunkt. Die Stadt fördert Biodiversität, indem besonders regionale und seltene Sorten angebaut werden.
Das Besondere: Jeder Andernacher Bürger kann hier mitwirken, beim Säen, Pflegen und Ernten. Am liebsten wird natürlich geerntet, auf dem Weg zum Büro eine reife Tomate gepflückt oder auf dem Weg nach Hause ein Salatkopf samt Kräutern geerntet. Nach den Gemüsebeeten und Kräutern kamen in den folgenden Jahren noch attraktive Obstbäume wie Birnen, Pfirsich, Mandeln und Mispeln hinzu, ein Weinberg mit Tafeltrauben wurde angelegt. Im Stadtgraben laufen mittlerweile sogar Hühner herum. Die Andernacher Bürger lieben ihre „Essbare Stadt“, die offenen Bürgergärten mit essbaren Pflanzen und Obst sind ein voller Erfolg. Für Andernach wurde die Essbare Stadt zu ihrem Markenzeichen.
Attraktivere Grünflächen
Ausgangspunkt des Projektes war die Umplanung der öffentlichen Grünflächen. Sie sollten attraktiver gestaltet werden, für Bürger und Touristen erlebbar sein. Aspekte der Nachhaltigkeit, Biodiversität und des urbanen Gartenbaus sind in das Projekt mit eingeflossen. Die Stadt soll mit allen Sinnen durch bunte Blumen, Duft und Geschmack empfunden werden können. Die Kosten spielten dabei auch eine Rolle. Die bisherigen Beete mit Wechselflor, die mehrfache Neubepflanzung von Beeten je nach Jahreszeit, waren kosten- und pflegeintensiv. Manche Grünanlage war in die Jahre gekommen, mit Efeu überwuchert, unansehnlich oder vermüllt.
Keimzelle der Idee war ein Permakulturgelände im Stadtteil Eich, auf dem es schon Erfahrungen mit dem Miteinander von Flächen für den Naturschutz und Gemüse gab. Das Konzept in Andernach wurde ohne aufwendige Baumaßnahmen durchgeführt. Es hat Arbeitsplätze geschaffen, die Beete werden durch Mitarbeiter einer Beschäftigungsgesellschaft gepflanzt und gepflegt, die sich beruflich weiterqualifizieren können. Die Stadt Andernach wurde für ihre Bewohner zu ihrem „Lebens-Mittelpunkt“ und ihrem „Lebensmittel-Punkt“. Die Gemüsebeete vermitteln eine neue Wertschätzung für regionale Lebensmittel, machen die Stadt lebens- und liebenswert. Entgegen aller Skepsis gab es keinen Vandalismus in den Beeten. Über Andernach hinaus hat das Projekt ein großes Echo in den Medien ausgelöst und Vertreter anderer Städte zur Nachahmung angeregt.
© Daniel Stanke
Der Text in diesem Artikel ist aus dem Buch:
Heidi Lorey
Gemüse ins Blumenbeet!
Kreativ gärtnern mit Dahlie, Artischocke & Co.
Preis 19,95 €
ISBN 978-3-8186-1274-0
Ulmer Verlag
Gemüsepflanzen stehen meist für sich in einem Extrabeet. Dabei können sie überall wachsen – Hauptsache, der Standort stimmt. Erfahren Sie hier, wie sich Gemüse- und Zierpflanzen auch ohne die strengen Regeln der Mischkultur miteinander kombinieren lassen! Denn: Gemüse ist ein 1-a-Gestaltungselement und kann prima in Blumenbeete integriert werden!