Wir sind im Nordwesten von Hamburg unterwegs, genauer gesagt in Ellerhoop-Thiensen, mitten in einer typischen, norddeutschen Knicklandschaft. Die »Norddeutsche Gartenschau« ist bei uns hier im Norden als das »Arboretum« bekannt und soll es auch bleiben. Doch um bundesweit mehr Menschen aufmerksam zu machen, wurde eine Namensänderung notwendig.
In dieser herrlichen Parkanlage gilt eindeutig der Ausspruch von Karl Foerster »Es wird durchgeblüht«. Die Kamelienblüte läutet im Januar in einem kleinen Schaugewächshaus das Gartenjahr ein. Ab Anfang Mai erblühen tausende Dichternarzissen auf den Wiesen und schon Ende Mai beginnt Europas größte Strauchpfingstrosen-Sammlung die Besucher zu faszinieren. Der Hochsommer bringt hunderte von Lotusknospen zum Erblühen, denn die Pflanzen überwintern hier seit Jahren in einem klimatisch sehr günstig liegenden See mit relativ niedrigem Wasserstand. Da fühlt man sich schon einmal nach Asien versetzt, wo diese besondere Pflanze als Symbol für »Reinheit« verehrt wird. Das liegt sicherlich nicht zuletzt an ihrer besonderen Blattoberfläche, die durch ihre »Microrauigkeit« für das Abperlen jeglicher Flüssigkeiten und Stäube sorgt. Probieren sie es doch einmal selbst aus! Das Gartenjahr klingt mit dem »Indian Summer« im Oktober aus, wenn am Nordufer des Sees viele imposante und oft seltene Gehölze ihre Herbstfärbung entfalten.

Blick über die noch umgemähte Zwiebelwiese auf dem Münsterhof mit seinem Bauerngarten.
Historisch ist die Gartenanlage aus einer Gehölzsammlung und Sortensichtung der ehemaligen Baumschule Timm & Co im Jahre 1956 entstanden. Viele der damals angepflanzten Gehölze zieren heute als große Bäume den Eingangsbereich. Da bekommt der Gartenliebhaber einen guten Eindruck, wie sich seine kleine Vorgartenkiefer in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird. Unter den Kiefern erfreuen jährlich hunderte von winterharten Alpenveilchen (Cyclamen coum und hederifolia) die Besucher. Praktischerweise wird die Verbreitung dieser anmutigen Schönheit durch Ameisen übernommen: Sie schleppen die Samenkörner als Vorrat durch den Garten.
Der seit 1996 für die Entwicklung und Verwaltung des Arboretums zuständige Förderkreis unter der ehrenamtlichen Leitung von Prof. Warda lässt sich jedes Jahr etwas Neues einfallen. So gibt es wechselnde Sommerblumenpflanzungen in den aufregendsten Farbkombinationen und neuesten Sorten wie beispielsweise das reizvolle Band aus blutroten Blüten und Blättern. Es entsteht durch geschicktes Kombinieren bekannter und seltener Sommerblumen und Gemüsearten. »Das gewisse Etwas« erreicht man durch gezieltes Zwischenpflanzen von einigen Fehlfarben, wie etwa die rosa blühende Spinnenblumen.
In den letzten Jahren entstanden verschiedene Themengärten, u.a. ein »Roter Garten«, ein Garten »Zauber der Toskana« und »Der Garten des Südens«. Trotz aller Besonderheiten liegen diese Bereiche immer etwas abseits des Hauptweges, und wer einfach nur die herrliche Landschaft und das Gesamtbild des Parks genießen möchte, geht halt einmal an ihnen vorbei.

Der „Rote Garten“ direkt nach seiner Neuanlage.
Im Bereich »Formgehölze« erhält man Anregungen, was mit einer scharfen Schere oder einem Messers so möglich ist. Das Sortiment an schneidbaren Gehölzen beschränkt sich ja längst nicht mehr auf den bekannten Buchsbaum. Auch die Vielfalt der wählbaren Formen erschöpft sich nicht in Kugeln und Kegeln, selbst Wellen sind eindeutig machbar und werden sicherlich auch in den nächsten Jahren noch höher »schlagen«.
Am rechten Seeufer liegt der Schwerpunkt der Schulbiologischen Abteilung mit mehreren Projekten. Hier können Interessierte die Entwicklung der Bäume, beginnend mit dem Karbon (der Zeit der Nacktsamer und Riesenlibellen), über das Jurazeitalter (mit Palmfarn, Ginkgo, Schachtelhalm und Sauriern) bis zum Braunkohlewald nachvollziehen. So kann Geschichts- und Biologieunterricht Spaß machen. Die beiden sehr naturgetreuen Sauriermodelle erfreuen nicht nur die Kinder, fügen sie sich doch völlig natürlich in ihren damaligen Lebensraum ein. Der Sumpfzypressenwald ist dagegen eher ein Forschungsprojekt, das uns vielleicht schon heute den Zustand unserer Umgebung im Jahr 2100, nach der Erderwärmung und dem Ansteigen des Meeresspiegels, vor Augen führt. Der 2008 entstandene »Bernsteinpavillon« verführt Prof. Warda immer wieder zu der Aussage, dass sich das so lange verschollene Bernsteinzimmer hier befinde. Vielleicht nicht ganz, so ist es aber doch eine sehr eindrucksvolle Darstellung zur Entstehung und Verwendung des »Goldes des Nordens«.

Im „Garten des Südens“ überwiegen mediterrane Pflanzen.
Folgen wir dem Rundgang, erleben wir noch viele liebevoll gestaltete Gartenbereiche in dieser einmaligen Parkanlage. Ein Bambus-Dschungel-Pfad, einen Duft- und Tastgarten, herrliche Herbststauden und Gräser, den Chinesischen Garten oder der beeindruckende »Weiße Garten« sind immer wieder beliebte Fotomotive. Die Sammlung von ca. 2500 verschiedenen Strauchpfingstrosen ist in Europa einmalig und sicherlich einer der größten Besuchermagneten.
Von vielen Besuchern immer noch als Höhepunkt des Gartenbesuchs gewertet, gelangen wir am Ende unseres Rundgangs in den Bauerngarten. Die typische Einteilung mittels Buchshecken weckt bei vielen Besuchern Kindheitserinnerungen. Der klassischen Anlage des Bauerngartens mit einem bunten Mix in allen Farben und der Verbindung von Gemüse, Kräutern und Blumen kann sich kaum jemand entziehen. Wenn hier die Stockrosen ihre Blütenkerzen leuchten lassen, wissen viele Besucher: »Hier waren wir nicht zum letzten Mal.
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