Wenn Kletterpflanzen an den Wänden emporwachsen, anspruchslose Stauden sich auf dem Dach ansiedeln oder Sie gezielt Nistkästen aufhängen, avancieren die unscheinbaren Hausfassaden, Mauern und Dächer zum Lebensraum für Tiere.
Grüne Kleider und Hüte stehen nicht nur Haus und Garten gut, sie schützen auch die Bausubstanz und dämmen den Wohnraum. Lassen Sie Fassaden und Dächer nicht außen vor, wenn Sie Ihren Garten naturnah gestalten. Vor allem in kleinen Gärten geht der Gärtner gern auch in die Höhe und begrünt aktiv Hauswände und Mauern, um jeden Raum zu nutzen. Egal, ob Wilder Wein oder Efeu ungezähmt wuchern oder das Geißblatt brav am Gerüst wächst, ins Fassadengrün ziehen geschwätzige Spatzen und andere Singvögel ein und auch so manches Insekt labt sich an den nektarreichen Blüten. Spatzen, Hausrotschwänze und auch Fledermäuse sind typische Gebäudebrüter, die Sie mit Nistkästen oder Öffnungen unterhalb der Dachtraufe beglücken können – wenn sie nicht schon längst eingezogen sind. Nahezu jedes Dach kann extensiv begrünt werden, sehr zur Freude von Bienen und Hummeln. Die genüg samen Dachpflanzen brauchen so gut wie gar keine Pflege.
Gebäudebrüter
Verschiedene Vogel- und Fledermausarten wie Hausrotschwanz, Rauchschwalbe, Zwergfledermaus, Abendsegler finden an und in Gebäuden Unterschlupf, manchmal unbemerkt vom Besitzer. Im ländlichen Raum besiedeln sie Baumhöhlen und Felsspalten. In der Nähe des Menschen werden sie zu Gebäudebrütern, die in Spalten und Hohlräumen nisten. Zum Beispiel die geselligen Haussperlinge: Sie bauen ihre Nester hinter Regenrinnen, unter Flachdächern, in Jalousiekästen und hinter Fassadenverkleidungen. Selbst größere Vögel wie Turmfalken, Wanderfalken und Weißstorch nehmen menschliche Behausungen an. Fledermäuse suchen sich ihre Sommerquartiere auf Dachböden oder in Spalten unterm Dach. Hier ziehen zum Beispiel Großes Mausohr und Graues Langohr ihre Jungen auf. Ihren Winterschlaf halten Fledermäuse dagegen meist in kühlen, feuchten Kellern und Gewölben. Bei Sanierungsmaßnahmen am Haus werden solch kuschelige Höhlen meist unbedacht verschlossen. Denken Sie an Ihre tierischen Untermieter und bringen Sie Spatzenheime, Schwalbenschalen, Fledermauskästen und andere Nistmöglichkeiten am Haus an. Manche Nistkästen können sogar so in die Fassade eingebaut werden, dass sie von außen gar nicht mehr sichtbar sind. Höhlen anzubieten ist jedoch erst der Anfang. Manche Arten sind wählerisch und ziehen erst ins dargebotene Quartier, wenn auch die Umgebung ausreichend Futter zu bieten hat.
Fassadenbegrünung
Es gibt nur wenige heimische Kletterer, die schön blühen. Schauen Sie deshalb auch mal nach der internationalen Kletter-Elite aus Asien und Nordamerika. Heimisch sind: Efeu, Hopfen, Wald-Geißblatt, Echter Wein, Kletterrosen, Alpen-Waldrebe und Gewöhnliche Waldrebe. Aus dem Mittelmeerraum stammen Italienische Waldrebe und Feuerdorn.
Große Wände
Wählen Sie schwach- oder starkwüchsige Kletterpflanzen nach der Größe der zu begrünenden Fläche. Große Hauswände und Mauern mit viel Fläche können Sie getrost dem Wilden Wein und dem immergrünen Efeu überlassen. Sie erklimmen die Wand selbstständig mithilfe ihrer Haftscheiben und Haftwurzeln. Nur an sehr glatten Oberflächen, wie sie bei Dämmsanierungen angebracht werden, und an wasserabweisenden Putzen können sie sich nicht festhalten. Kletterpflanzen, die beim Klettern auf Stützen und Gerüste angewiesen sind, lassen sich in ihren Ausmaßen durch das Gerüst eingrenzen. Starkwüchsig sind Blauregen, Baumwürger und Schling-Flügelknöterich. Sie schlingen sich mit ihren Trieben spiralig um die Stütze herum – und können sie dabei auch schon mal mit schierer Pflanzenkraft zerdrücken. Befestigen Sie darum die Stützen stabil und sicher an der Wand. Sonst kann das Gerüst samt den mehrere Kilogramm schweren Pflanzen umkippen. Halten Sie Baumwürger und Blauregen auch von Regenfallrohren fern!
Kleine Flächen
Schwächer wachsende Arten begrünen kleinere Bereiche, etwa an der Garage, am Schuppen oder an einer Mauer: zum Beispiel der manchmal schon im Januar blühende Winter-Jasmin, verschiedene Clematis-Arten und Geißblätter, Strahlengriffel bzw. Mini-Kiwi (Actinidia arguta, A. kolomikta) und Kletternder Spindelstrauch mit verschiedenen Blattzeichnungen. Rosen können sich mit ihren stacheligen Trieben im Gerüst verhaken und mehrere Meter hochklettern. In reiner Südlage ist es ihnen jedoch zu heiß und trocken und sie schwächeln. Zum Begrünen eignen sich nicht nur Kletterrosen, sondern auch manche Bodendeckerrose, die lange Triebe bildet. Fragen Sie hier bei einer Rosenbaumschule nach, welche Rosensorten sich eignen.
Früchte an der Fasade
Obstbaumspaliere verbinden das Schöne mit dem Nützlichen. Denn mit ihnen können Sie die Fassade nicht nur begrünen, sondern auch effektiv für den Obstanbau nutzen. Vor allem wärmebedürftige Obstarten wie Wein, Birnen, Aprikosen und Pfirsiche profitieren von dem geschützten Standort am Gebäude oder einer von der Sonne erwärmten Mauer. Hier gibt es einen ähnlichen Sonnenfalleneffekt wie bei den Trockensteinmauern. Je nach Breite der zu begrünenden Fläche benötigen Sie mehrere Bäumchen, die Sie im Lauf der Zeit als Spalier an der Wand emporziehen. Ein Lattengerüst oder ein Drahtspalier aus senkrechten und waagerechten Streben in einem Abstand von 30 – 40 cm gibt den Rahmen vor. Für Wände mit Fenstern und Türen eignen sich vor allem Apfel-, Birnen- und Weinspaliere, denn diese können in streng geometrischen Formen senkrecht und waagerecht als U-Spaliere und Verrierpalmetten gezogen werden. Aprikosen-, Pfirsich-, Kirsch- und Pflaumenspaliere sind besser für kleinere Flächen ohne Fenster, zum Beispiel an der Garagen- oder Schuppenwand, geeignet. Sie werden weniger streng als Fächerspalier mit fünf bis sechs Haupttrieben erzogen.
Für jeden das richtige Gerüst
Spaliergerüste aus Metall oder aus druckimprägniertem Holz mit wetterfestem Anstrich verschwinden im Sommer fast vollständig hinter dem grünen Vorhang. Doch in der laublosen Winterzeit geben sie der Fassade Struktur. Diese beiden Materialien bringen bereits ein beträchtliches Eigengewicht mit, das zu dem Gewicht der Pflanzen hinzukommt. Systeme aus gespannten Stahldrahtseilen sind um einiges leichter. Lassen Sie zwischen Wand und Gerüst einen Abstand von 10 –15 cm, damit sich die Luft hinter der Pflanzenwand nicht staut. Das beugt Pilzbefall vor, vor allem an Obstgehölzen. Die Halterungen für die Gerüste werden für sicheren Halt an den tragenden Gebäudeteilen befestigt. Je nach Klettereigenschaften der Pflanzen kommen verschiedene Spaliertypen in Betracht. Schlinger wie Blauregen, Schling-Flügelknöterich und Geißblatt brauchen senkrechte Rankhilfen. Ranker wie Echter Wein und Clematis bekommen zusätzlich auch waagerechte und diagonale Streben. Die recht steifen Triebe von Kletterrosen, Winter-Jasmin und Feuerdorn finden Halt an horizontal verlaufenden Gerüsten.
Grüne Dächer
Extensiv begrünte Dächer sind kleine Klimaanlagen: Sie sorgen für mehr Luftfeuchte und Abkühlung und binden Staub und Schadstoffe. Auch dem Haus tut so ein grünes Dach gut, denn es puffert starke Temperaturschwankungen ab, was die Lebensdauer des Daches erhöht. Zudem sinken die Abwasserkosten, da so ein begrüntes Dach zu 70 – 80 % als Sickerfläche angerechnet werden kann.
Fast jedes Dach kann man begrünen
Bevor Sie darüber nachdenken, ob ein Gründach auf Carport, Garage, Schuppen oder Haus in Frage kommt, sollten Sie die Tragfähigkeit des Dachs prüfen. Denn pro Quadratmeter kommen mindestens 80 kg zusätzliches Gewicht durch Substrat und Pflanzen hinzu. Von Vorteil ist es, wenn das Dach eine Neigung von 2 – 4 % hat, dann kann Regenwasser gut ablaufen. Mit zusätzlicher Entwässerung kann eine Dachbegrünung auch auf ebenen Flächen installiert werden. Für sehr schräge Dächer mit einer Neigung bis zu 45 ° gibt es spezielle schubtragende Elemente. Kleine Dachflächen können Sie in Eigenregie begrünen. Detaillierte Aufbauanleitungen für die verschiedenen Schichten gibt es bei den Herstellern von Dachbegrünungssystemen.
Vielschichtig
Unter dem außen sichtbaren Pflanzsubstrat verbergen sich mehrere Schichten, die sowohl Dach als auch Pflanzen schützen. Zunächst wird das Dach mit Bitumen oder Kunststoff abgedichtet, damit kein Wasser durchsickern kann. Darauf folgt eine Wurzelschutzfolie, die verhindert, dass Pflanzen durch das Dach wurzeln. Eine Wasserspeichermatte speichert überschüssiges Regenwasser. Die Dränschicht aus vorgeformtem Kunststoff oder mineralischen Schüttstoffen nimmt ebenfalls Wasser auf und belüftet die Wurzeln. Obenauf liegt die eigentliche Substratschicht, die zur Dränschicht mit einem Vlies abschließt. So können Bodenteilchen nicht die Dränschicht verstopfen. Auf kleinen Flächen können Drän- und Substratschicht zusammengefasst werden. Für die Dränage mischt man Lava, Bims, Blähton oder Blähschiefer unters Spezialsubstrat.
Fassadenzerstörer?
Die Haftscheiben vom Wilden Wein und die Haftwurzeln vom Efeu hinterlassen zwar bleibende Spuren, wenn sie entfernt werden. Doch an intakten Fassaden ohne ausgewitterte Fugen und mit gut versiegelten Dächern sind kaum Bauwerkschäden zu befürchten. Auf der sicheren Seite sind Sie mit Gerüstkletterern, da sie nicht mit der Fassade in Kontakt kommen.
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Der Text in diesem Artikel ist aus dem Buch:
Natalie Faßmann
Mein Naturgarten – wie er mir gefällt
EUR [D] 24,90 | EUR [A] 25,60 | CHF 32,50
ISBN 978-3-8186-0272-7
Ob Gemüse oder Blumengarten, ob Neuanlage oder Umgestaltung: Mit „Mein Naturgarten – wie er mir gefällt“ von Natalie Faßmann (Verlag Eugen Ulmer) wird jeder Garten zum wertvollen Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Menschen. „Mein Naturgarten“ ist der vierte Titel aus der „Wie es mir gefällt“-Gartenratgeberreihe. Dieses Konzept kombiniert zahlreiche individuelle Einstiegsmöglichkeiten ins jeweilige Gartenthema mit einem starken, klassischen Ratgeberteil.