Historische Rosen sind etwas ganz besonderes und bringen mit ihrem Charme einen Hauch Nostalgie in jedes Blumenbeet. Für Rosenliebhaber sind sie außergewöhnliche Begleiter im Rosengarten, die vor allem durch ihre Graize, Blütenfülle und Robustheit überzeugen. In Schleswig Holstein erzählt eine Rosengärtnerin über die Wiederentdeckung alter Bauernrosen in Dithmarschen.
Alte Dithmarscher Bauernrosen
Die Suche nach alten Rosen in Dithmarschen begann für Gerda Nissen durch einen Zufall. Vom Fahrrad aus entdeckte die Holsteinerin hinter einem grünen Maschendrahtzaun eine bisher nie gesehene Gartenrose.
Mit ihren dicht gefüllten Blütenköpfen in Porzellanrosa schaute sie zwischen Beerensträuchern, Bohnen und Petersilie hinaus in die Weidelandschaft. Umgeben von Ausläufern und einer würzig süßen Duftwolke. Wie war diese vornehme Rose im gerüschten Seidenkleid in diese raue ländliche Umgebung gekommen? „Die alte Gallica-Rose ‚Belle Isis‘ verführte die Journalistin dazu, nach weiteren Bauernrosen zu suchen,“ erzählt Ute Preuß.
Neugierig geworden auf die verloren geglaubten Rosensorten der alten Dithmarscher Gärten, die dem rauen Klima der norddeutschen Küste trotzen, durchforstete Gerda Nissen systematisch die Dörfer, Wallhecken und Friedhöfe an der Westküste Schleswig-Holsteins.
„Meine Eltern haben unsere Baum- und Rosenschule im Jahr 1960 gegründet. Den Impuls, uns auf historische Rosensorten zu konzentrieren, gab ein Zeitungsartikel über die Rosensammlerin aus Meldorf. Das war 1976.“ Daraus ist eine fruchtbare Zusammenarbeit entstanden, die Rosengärtner vermehrten Gerda Nissens Fundstücke und das bereits vorhandene Rosensortiment erweiterte sich rasch auf rund 600 verschiedene historische Rosen. „Wir kultivieren viele Rosensorten aus den vier ältesten Rosenklassen, den Alba-Rosen, Gallica-Rosen, Zentifolien und Damascena-Rosen,“ sagt Ute Preuß.
Gerade die ältesten Sorten hat Gerda Nissen besonders häufig entdeckt.“ Das war kein Zufall. Sorten wie Rosa alba ‚Maxima‘, die Rose der Ditmarscher Dörfer, die Apothekerrose Rosa gallica ‚Officinalis‘ oder auch die oft über den Zaun gereichte Rosa gallica ‚Tuscany‘ sowie die beliebte Moosrose Rosa centifolia ‘Muscosa‘ und die schöne Rosa damascena ‚Blush Damask‘ sind ausgesprochen winterhart, ausdauernd und zäh.
Gefeit auch gegen Schädlinge konnten die Lebenskünstler selbst unter widrigsten Bedingungen überleben. Auf schweren lehmigen Marschböden und trotz heftiger Stürme, die die salzige Meeresluft ins Land tragen. „Zusätzlich begünstigte die früher übliche Vermehrungsmethode durch Ausläufer oder Stecklinge ihr Überleben. Die Rosen standen auf „eigener Wurzel“. Mit ihren Wurzelausläufern konnten sich die alten Rosenstöcke aus den Gärten hinaus an Standorte retten, wo sie vor rodenden Hacken sicher waren. Denn dauerblühende Neuzüchtungen und modische Trends hatten die alten einmalblühenden Rosen aus den Gärten verdrängt,“ erklärt die Rosen-Spezialistin.
In dieser Zeit setzte jedoch ein Umdenken ein. Die modernen Rosen hatten ihren Charme und den betörenden Duft verloren. In England begann David Austin historische Rosen mit modernen Sorten zu kreuzen, und es entstanden ab den 1960er Jahren bahnbrechende Neuheiten mit nostalgischem Charme, Duft und in neuen Farben, die Englischen Rosen wie ‚Constance Spry‘, ‚Abraham Darby‘, ‚Charles Austin‘ oder ‚Leander‘. Rosengärten wie Sissinghurst Castle Gardens in England verzeichneten Besucherrekorde. Die Renaissance der alten Rosen setzte ein.
„Anfangs war das doch recht mühsam. Viele Kunden waren den nur einmal blühenden Rosen gegenüber skeptisch. Doch mit der Zeit überzeugten Duft, Blütenfülle und Winterhärte – und, dass die alten Rosen ihre Besitzer über Jahrzehnte mit ihrer Blühpracht begleiten.“
Steckbrief Baumschule Schütt
Adresse: Vorder-Neuendorf 16 in 25554 Neuendorf – Sachsenbande
Pflanzenspezialität
ca. 600 Sorten historische Rosen, Beet-, Bodendeckerrosen, daneben auch Stauden und Gräser, Obst- und Laubgehölze, Koniferen und Wasserpflanzen, Schaugarten mit über 600 Rosen
FOTOS © Marion Nickig
Der Text und die Fotos in diesem Artikel sind aus dem Buch:
Anja Birne, Marion Nickig
Das große Buch der Gärtnerinnen und Gärtner
Das gesammelte Gartenwissen aus 100 interessanten Gärtnereien
Preis 39,95 €
ISBN: 978-3-7667-2526-4
Callwey Verlag
Die besten 100 Betriebe, die sich mit traditioneller Handarbeit der Pflanzenvielfalt und Qualität, dem Naturschutz und Sinn für Schönheit in historischen und modernen Gärten verpflichtet sehen, stellen sich vor.