Mit viel Leidenschaft werden von den Ellenbergs auf ihrem Bioland-Hof in der Lüneburger Heide neue und alte Kartoffelsorten angebaut.
Anfang des 20. Jahrhunderts gab es hier noch sagenhafte 1000 verschiedene Kartoffelsorten. Wenn man heute in den Supermarkt geht, sieht das ganz anders aus: jetzt sind es höchstens ein halbes Dutzend Sorten. Diese übrigen Sorten sind mit der Zeit in Geschmack und Aussehen auch immer ähnlicher geworden. Wenn man in den Genuss von außergewöhnlichen Kartoffeln mit besonderem Aroma kommen möchte, muss man sich auf die Reise in das kleine Dorf Barum begeben. Dort in der Lüneburger Heide werden neue und alte Sorten, wie rote, blaue oder marmorierte Kartoffeln von Karsten Ellenberg auf seinem Bioland-Hof vermehrt und gezüchtet. Auf diesem Hof steht alles im Namen der besonderen Kartoffeln: der gelernte Landwirt baut über 150 seltene Sorten in liebevoller Produktion an. Die vielseitigen Kartoffeln werden im Anschluss über seinen Hofladen, auf Märkten oder per Post vertrieben.
Sortenvielfalt
Die Fangemeinde ist groß. Ob süßlich, würzig, erdig oder cremig-weich – die knackigen Knollen der Ellenbergs sind sehr beliebt. Dies liegt nicht nur an dem besonderen Geschmack, sondern auch an dem meist sehr attraktiven Äußeren. „Bamberger Hörnchen“, „Eggeblomme“ und „Mehlige Mühlviertler“ sind nur einige dieser Vertreter. Und von Jahr zu Jahr werden es mehr, denn Kartoffeln sind für Ellenberg eine wahre Leidenschaft. „Kartoffeln machen mir einfach Spaß, und das schon von Kindesbeinen an“, so der Landwirt über seine Passion zu den Knollenfrüchten. Er ist ein engagierter Verfechter der Sortenvielfalt, und wenn er voller Elan über die Vorteile der unterschiedlichen Sorten spricht, nimmt man ihm dies auch sofort ab. Anfänglich übernahm er zunächst den konventionellen Mischkulturhof seines Vaters, stellte den Betrieb ein paar Jahre später auf Bioland um und widmete nach einiger Zeit den kompletten Hof dem Kartoffel-Anbau. Sorten, die im Handel nicht erhältlich sind, begann er vor ungefähr zehn Jahren Anzupflanzen und zu Sammeln, um eine möglichst große Menge an unterschiedlichen Kartoffelsorten zu erhalten.
Familiensache
Alte Sorten werden auf dem Hof der Ellenbergs seit 1996 angebaut. Die ersten Pflänzchen bekam Karsten Ellenberg von der Kartoffelgenbank Groß Lüsewitz in Mecklenburg-Vorpommern und pflanzte sie mit Erfolg im eigenen Garten an. „Meine Frau und meine Söhne waren ebenso wie ich begeistert von den unterschiedlichen Blüten, den Knollen in verschiedenen Formen und Farben und den intensiven Aromen“, lauten denn Erinnerungen des engagierten Landwirts. Von da an testete die Familie immer wieder unterschiedliche alte Sorten, sogar aus Peru oder Schottland stammen sie. Auch Gärtner aus dem Umland brachten immer mal wieder verschiedene solcher Sorten vorbei. So kam es auch, dass Ellenberg die alte, nordische Sorte „Angelner Zapfen“ wiederentdeckte. Ein wahrer Glücksgriff. Ellenberg ist überzeugt von den alten Knollen: „Alte Sorten bringen Abwechslung auf den Tisch, doch nicht alle schmecken gut, manche sind zudem sehr krankheitsanfällig“.
Aus diesem Grund züchtet er seit einigen Jahren auch selbst. Alte Kartoffelsorten werden dann mit Wildkartoffelarten oder einigen neuen Sorten gekreuzt. Das Ergebnis: Sorten wie „Rosemarie“, „Emma“ und „Rote Emmalie“, welche im Hoflabor unter Glas vermehrt werden. So wird im Laufe der Zeit eine immer größere Gendatenbank im Kühlraum angelegt. Im Gewächshaus werden die Pflänzchen herangezogen, selektiert und später ins Freiland gesetzt. Dort entwickeln sich die interessanten Züchtungen zu kleinen Knollen-Wundern.
Hobbykartoffeln
Das Bundessortenamt führt leider nicht alle Kartoffelsorten in ihrer Liste, sodass manche alte und neue Sorten wie das „Bamberger Hörnchen“ dort nicht verzeichnet sind. Daher dürfen diese nur als Speisekartoffeln vertrieben werden. „Hobbygärtner können sie trotzdem wie Pflanzkartoffeln in die Erde legen“, erklärt der Biolandwirt. „Auch hieraus lässt sich eine gute Ernte erzielen.“ Wenn man die lustigen Knollen anbauen möchte, brauchen die alten Sorten keine besondere Pflege. Sie gedeihen wie alle Kartoffeln auf fast jedem Boden, reagieren jedoch empfindlich auf Staunässe. „Die meisten alten Sorten wachsen buschig in die Breite und unterdrücken so das Wachstum von Unkraut zwischen den Pflanzen. Übrigens ein wichtiges Kriterium für den Biolandanbau,“ so Karsten Ellenberg.
Rahmenbedingungen
Das Klima und die Standortbedingungen sind ausschlaggebend für den Pflanzzeitpunkt. Meist liegt er im Zeitraum von Ende März bis Anfang Mai. Nährstoffreiche Böden sind außerdem von Vorteil, da Kartoffeln Mittel- bis Starkzehrer sind. Aufpassen sollte man jedoch bei der Düngergabe: zu viel Dünger mögen Kartoffeln nicht, und das wirkt sich auf die Krankheitsanfälligkeit, den Geschmack und die Lagerung aus. „Generell sollte frühestens nach vier Jahren wieder auf demselben Standort angebaut werden, um Krankheiten vorzubeugen“, sagt Karsten Ellenberg. Frühe Kartoffeln lassen sich schon ab Juni ernten, mittel- bis spätreifende Sorten können sogar bis Oktober geerntet werden. Mehr Informationen unter: www.kartoffelvielfalt.de
TEXT: Gartenzauber
FOTOS: Katja Hildebrandt