Bei dem Wort „Hühnerhaltung“ denkt man nicht gleich an den Garten. Dabei fühlt sich das Huhn im Garten pudelwohl, der Aufwand für die Haltung ist überschaubar, es gibt frische Eier aus eigener Bio-Produktion und das Federvieh ist erstaunlich unterhaltsam. Ein Hoch auf das Gartenhuhn!
Gartenhuhn statt Turbohuhn
Wenn der Gockel übers Grundstück stolziert, mit lautem „Kikeriki“ seine Ansprüche bei der gefiederten Damenwelt anmeldet und Hennen emsig nach Würmern kratzen, wird man wohl gerade Urlaub auf dem Bauernhof machen. So denken viele. Hühner im Garten zu halten scheint vielen Gartenbesitzern abwegig. Dabei sah das vor nicht allzu langer Zeit ganz anders aus: In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg krähte es fast aus jedem Garten. Die eigenen Hühner versorgten einen mit Eiern und, wenn ihre Zeit gekommen war, mit einem saftigen Braten oder einer kräftigen Hühnerbrühe.
Dann aber nahm die Massentierhaltung Fahrt auf. Turbohühner legten Eier im Akkord, Masthähnchen wurden dank Pharmaerzeugnissen und Kraftfutter in kürzester Zeit schlachtreif. Eier und Huhn gab es billig, der Anreiz, selbst Hühner zu halten, entfiel. Hühnerhaltung wurde etwas für Liebhaber. Doch mittlerweile erlebt das Huhn im Garten eine Renaissance. Die Art, wie Hühner in der konventionellen Hühnerhaltung Eier produzieren müssen oder bis zur Schlachtreife gemästet werden, lässt niemanden kalt. Studien, die den systematischen Einsatz von Antibiotika belegen, verunsichern den Verbraucher genauso wie Dioxin-Funde in Bio-Eiern.
„Wer glückliche Hühner will, muss sich selbst darum kümmern“, fordern deshalb die Aktivisten von PROVIEH, einem Verein, der sich für artgerechte Tierhaltung einsetzt. „Bauernhahn statt Turbohuhn“ lautet ihr Slogan. Je vier Hennen und ein Bauernhahn sollen wieder unsere Gärten besiedeln.
Konfliktarme Hühnerhaltung – geht das?
Geht das denn so einfach – Hühnerhalten im Garten? Machen die nicht viel Arbeit und Dreck? Und was sagt mein Nachbar, wenn er in aller Herrgottsfrühe vom Krähen meines Bauernhahns aus den Federn gescheucht wird? „Das mit dem tierischen Weckdienst führt allerdings nicht selten zu Problemen“, bestätigt Ralf Müller. Der diplomierte Agraringenieur und bekennende Hühnerfan hat Tipps und eine Lösung: „Informieren Sie Ihre Nachbarn von Ihrem Vorhaben. Versuchen Sie, Ihr Umfeld für die Idee zu gewinnen. Und zur Not bestechen Sie sie mit der Aussicht auf frische Bio-Eier direkt vom Nachbarn.“
Die technische Lösung klingt da schon einfacher und erfordert zudem weniger diplomatisches Geschick: „Installieren Sie einen automatischen Türöffner am Hühnerhaus, der per Zeitschaltuhr gesteuert wird und die Hühner erst hinauslässt, wenn der Hahnenschrei nicht mehr so stört.“ Da Hähne tatsächlich um die Wette krähen, sollte ein Hahn reichen – um des lieben Friedens willen.
Hühnerhaltung ist nicht aufwändig
Der Aufwand für die Reinigung des Hühnerstalls und Fütterung von fünf Hühnern ist tatsächlich überschaubar. Und auch der Dreck, den Hühner machen, ist bei einer so kleinen Zahl nicht der Rede wert. Wer sein Hühnergehege alle paar Wochen an eine andere Stelle schiebt, beugt kahl gekratzten Stellen vor. Rassen, die nicht scharren, gibt es nicht.
„Neueinsteiger sollten mit sogenannten Hybridhühnern anfangen. Diese Tiere kauft man im Alter von 22 Wochen als legereife Hennen. Sie sind durchgeimpft und in der Regel gesund“, empfiehlt Herr Müller. Nach zwei Jahren kommen die Hybridhühner dann in den Topf und man kann es mit Rassehühnern versuchen.
Huhn schießt Ball ins Tor
Dass Hühner dumm sind, stimmt übrigens nicht. Innerhalb von zwei Tagen kann man einem Huhn beibringen, einen Tischtennisball in ein Tor zu kicken – wenn man mit ihm übt und es belohnt. Diese Geschichte erzählt der Hühnerfreund Ralf Müller und lacht dabei.
Huhn kompakt
Hühner legen auch ohne Hahn Eier • Ob ein Ei befruchtet ist, lässt sich von außen nicht erkennen • Die wilden Vorfahren unserer Hühner stammen wohl aus Asien • Es gibt 180 verschiedene Hühnerrassen in Europa • Das ungeborene Küken atmet durch die luftdurchlässige Kalkschale • „Hahnentritt“ nennt man rote Blutfleckchen im Dotter • Hühner werden durchschnittlich 10–15 Jahre alt • Nach zwei Jahren lässt die Legeleistung nach •
Das Ei
Der Bundesbürger verspeiste im Jahr 2010 durchschnittlich 214 Eier. Eine Legehenne in einer Legebatterie legt 320, ein mit Bio-Futter gepäppeltes Bio-Legehuhn immerhin noch 240 Eier pro Jahr. Die Farbe der Schale ist genetisch fixiert. Hühner mit weißen „Ohrläppchen“ legen weiße, solche mit roten Ohrlappen braunschalige Eier. Wie alt ein Ei ist, lässt sich leicht im Wasser testen: Ein frisches Ei sinkt bis auf den Grund. Je älter das Ei ist, desto höher steigt es.
Zum Futter
Das natürliche Nahrungsspektrum von Hühnern ist groß. Sie picken Samenkörner und Insekten auf, fressen Beeren, Gräser und Blätter oder scharren nach Würmern.
Ein mittelgroßes Huhn benötigt am Tag etwa 130 Gramm Alleinfutter. Wenn Ihre Hühner Fett ansetzen, reduzieren Sie am besten die Futtermenge. Zu empfehlen sind Futtermittel aus dem Bio-Sortiment. Im Winter kann man gut Obst oder Rote Bete im Stall anbieten. Hühner haben einen ausgeprägten Durst und trinken bis zu 250 ml Wasser am Tag.
Selbst gebaut
Die Größe des Stalls orientiert sich an der Zahl der Hühner. Die Vorgaben der Bio-Zertifizierung besagen, dass pro m2 bis zu 7 Tiere gehalten werden dürfen. Einem Huhn stehen zudem 10 m2 Auslauf zu. Je mehr Platz die Tiere haben, desto größer der soziale Frieden. Der Stall sollte vor Nässe geschützt auf Pfählen oder auf Rollen stehen, zugfrei und trocken sein. Vergessen Sie die Fenster nicht.