Wer mehr Natur und somit mehr Leben in seinen Garten bringen möchte, der sollte eine Hecke pflanzen. Hecken sind nicht nur eine ästhetische Bereicherung, sondern haben durch ihre Funktion als Lebens- und Schutzraum eine große Bedeutung im Ökosystem der Natur.
Durch trennen verbinden
In der Natur gibt es viele verschiedene Biotopstrukturen, die auch vom Laien einfach erkannt werden können: Wiese, Wald, Moor, Teich usw. All diese Strukturen enden räumlich einmal und gehen ins nächste System über – mit einem Übergangsbereich.
In der Ökologie spricht man dann von einem Ökoton. Oft sind diese Ökotone besonders artenreich und weisen eine höhere Artenvielfalt auf als die Summe der Arten, die in den angrenzenden Gebieten vorkommen. Der Übergang zwischen Land- und Süßwassersystemen ist das Gewässerufer.
Wald und Offenland ergeben den Waldrand mit Büschen und niedrigen Kräutern und Blumen. Je mehr solcher Übergangsbiotope es in einer Landschaft gibt, desto höher ist diese Landschaft aus naturschutzfachlicher Sicht zu bewerten. Für einen Garten gilt das ebenso: je mehr Übergangsbereiche, desto wertvoller für die Natur.
Jedes Ökoton bietet eine große Anzahl an ökologischen Nischen. Es handelt sich dabei um offene und von Tieren durchquerbare Grenzen mit höchstem Wert für alle Beteiligten. Diesen Mehrgewinn wusste sich der Landwirt früher zunutze zu machen und fügte zwischen den Feldern einfach zwei gedachte Waldränder zu einer neuen Struktur zusammen, und plötzlich war ein neues, menschengemachtes System entwickelt: die Hecke.
Eine gemischte Hecke kann so vieles mehr als nur Sichtschutz. Sie bietet reichlich Kost und sichere Logis für tierische Mitbewohner.
Die Wallhecke als Landschaftselement
Durch das Pflügen von Äckern kommen immer wieder Steine aus der Tiefe an die Oberfläche. Früher sammelten die Menschen diese Steine regelmäßig auf und legten sie am Rand des Ackers ab. Es entstanden so Steinwälle, die gleichzeitig die Besitzfläche markierten. Auf ihnen siedelten sich von alleine Sträucher an. In manchen Regionen Deutschlands wurden diese in 2–3 m Höhe gekappt und die Äste einfach umgelegt. Die Hecke trieb wieder aus und wurde durch das tote Astmaterial noch dichter. Das nannte sich dann Knick.
Diese Hecken bremsen hervorragend den Wind und bieten noch bessere Verstecke. Das war früher! Heute heißt die Devise: Weg mit den Hecken. Die Konsequenzen sind leicht zu erkennen. Es bleibt eine leblose Flur ohne Vögel und Insekten übrig. Den Landwirten fliegt beim Pflügen und Eggen die fruchtbare Erde davon. Die gut strukturierten Hecken mit Totholzanteil, Steinhaufen und Vegetationsvielfalt erfüllen viele Funktionen. Die Auswirkungen sind durchweg positiv und beeinflussen Windgeschwindigkeit, Verdunstungsrate, Humusaufbau, Bodenfestlegung und -fruchtbarkeit, Mikroklima und das Landschaftsbild. Hecken können außerdem Nahrungsmittel in Form von Früchten liefern.
Bei all dem großen Nutzen für den Menschen sind sie ein vielfältiger, artenreicher Lebensraum, der aus gutem Grund manchmal sogar unter Naturschutz steht. Das ist leider auch dringend nötig, denn in der Intensivlandwirtschaft werden diese Hecken oft als störend empfunden. Um effizienter bewirtschaften und größere Flächen schaffen zu können, sind diese kostbaren Biotope in sogenannten Flurbereinigungsverfahren großflächig eingeebnet worden. Ein großer Verlust für Tier und Mensch!
An der Grundstücksgrenze
Dein Garten darf und soll sicher auch auf die eine oder andere Weise eingefriedet sein. Du begrenzt dein Grundstück nach außen und auch für dich selbst. Du schützt dich vor allzu neugierigen Blicken und ungebetenen Gästen. So eine Einfriedung gibt ein Stück Geborgenheit und Frieden. Es gibt viele Möglichkeiten, dies zu erreichen und gleichzeitig etwas für die Natur zu tun.
Stell dir vor, du bist eines der vielen kleinen Tiere, die in deinem Garten wohnen könnten und wollten. Bietet deine Einfriedung Verstecke, Schutz vor Nachbars Katze, sodass das Brüten ungefährlich ist? Gibt es Schlupflöcher, damit ein nachtaktiver Jäger und Schädlingsbekämpfer wie der Igel ungehindert in deinem Garten auf Beutezug gehen kann? Gibt es hier Nahrung in Form von Blüten, Beeren und anderen Früchten und saftige Blätter für manche Raupe, die wiederum die Brut der kleinen Meise sichert?
Die Pflanzen, die den Garten umgeben, sollten möglichst auch in die Landschaft gehören, denn nur heimische Gehölze und Sträucher bieten hier lebenden Tieren – Säugern, Vögeln und Insekten – überhaupt Nahrung.
Erste Orientierung kann ein Bestimmungsbuch über einheimische Bäume und Sträucher liefern. Wahrscheinlich hat die örtliche Gärtnerei diese Pflanzen nicht im Angebot; spezialisierte Versand-Gärtnereien findest du im Internet.
Die Kombination unterschiedlicher einheimischer Sträucher bietet für Bienen viele Monate Nektar und Pollen. Wenn es doch der Zaun sein soll Im naturnahen Garten sollen Zäune lebendige Verbindungslinien sein, die vereinen, integrieren und vernetzen. Sie sollten immer bepflanzt sein. Holzzäune bieten vielfältigste Gestaltungsmöglichkeiten, naturbelassen müssen sie nicht gestrichen werden. Sie können individuell aus Weidengeflecht, Knüppelholz, Brettern oder Ästen angefertigt werden.
Bestehende Zäune aus Metall, wie etwa Maschendraht und Doppelstabgitter, eignen sich als Pflanzen-Kletterhilfe. Eine Brombeere nutzt den Platz zwischen Garten und Gehsteig am Zaun. Sie erfreut mit ihren Blüten und Früchten im Laufe des Jahres so manchen Zaungast.
Ungeeignete Bestseller
Der Gartencenter-Hit Kirschlorbeer ist zwar immergrün, schnell und dicht wachsend, erfüllt aber kein einziges der gesuchten Kriterien zum Schutz und Erhalt von Vielfalt. Genauso verhält es sich mit der als „Lebensbaum“ bezeichneten Thuja – wenn sie eines nicht bietet, dann ist es vielfältiges Leben! Noch steriler wäre wohl nur eine grün gestrichene Betonwand.
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Der Text in diesem Artikel ist aus dem Buch:
Markus Gastl
Mehr Natur im Garten.
Einfache Projekte mit großer Wirkung für lebendige Vielfalt. #machsnachhaltig.
Preis: 14,00
ISBN 978-3-8186-1346-4
Ulmer Verlag 2021
Rasen als Monokultur? Buchs als Klimaopfer? Das geht besser und bunter! Dieses Buch zeigt dir den Weg zu mehr ökologisch wertvollem Grün und vielfältigem Leben in jeder Gartenecke. Mit einfachen Projekten, um Wildtiere anzulocken und artenreiche Lebensräume zu gestalten, ohne den bestehenden Garten komplett auf den Kopf zu stellen.