Jetzt schmücken sich viele Gartenpflanzen noch mit hübschen Samenständen. Ernten Sie die kleinen Wunder der Natur – es lohnt sich! Daraus gewinnt man Saatgut zum Nulltarif für die nächste Saison und so manche bizarre Strukturen eignen sich als herbstliche Deko-Arrangements im Naturlook.
Was vom Sommer übrig blieb
Stand der Garten vor Wochen noch in voller Blütenpracht, bietet er jetzt ein ganz anderes Bild. Geriffelte Kapseln, durchscheinende Schoten, papierartige Ballons und ledrige Hülsen zieren die Beete – bizarre Gebilde, die schon von weitem unser Interesse wecken. Es sind die Frucht- und Samenstände von Stauden, Zwiebelblumen, Sommerblumen und Ziersträuchern. Die kleinen Wunder der Natur verschönern den Garten oftmals den ganzen Winter über. Vorausgesetzt, sie sind nicht übereifriger Ordnungsliebe zum Opfer gefallen und längst auf dem Komposthaufen gelandet. Das wäre schade, denn neben ihrem Zierwert haben Samenstände vor allem eins zu bieten: viele wertvolle Sämereien, die den Fortbestand der Pflanzen sichern. Und die können wir Gärtner jetzt ernten und damit zum Nulltarif für Blütenfülle in der nächsten Saison sorgen.
Gesammelt – gewusst wie
Die Vielfalt an Pflanzensamen ist unglaublich: winzig kleine schwarze Kügelchen, leuchtende und saftige Beeren, Körnchen mit seidigen Flughaaren oder schokobraune, glänzende Gebilde. Ernten können sie alle! Dafür brauchen Sie lediglich Zeitungspapier und eine Schere sowie kleine Papiertüten oder verschließbare Gläschen zum Aufbewahren der Saat. Sammeln Sie nur Samen von gesunden, kräftigen Pflanzen. Meist reicht schon leichtes Klopfen an den trockenen Samenständen, damit die reife Saat direkt in der Tüte oder im Glas landet. Oder man schneidet ganze Stiele und Stängel ab, die sicherheitshalber noch für ein paar Tage zum Trocknen kopfüber an die Leine kommen – einzeln oder als Bündel. Dann wird die Saat auf einem Zeitungspapier locker ausgeklopft. Löst sich die Saat sich so ohne weiteres, dann zerbröselt man die Pflanzenteile etwas und sammelt die Samenkörner mit einer Pinzette heraus.
Tipp: Mit einem Küchen- oder Teesieb lassen sich die winzigen Samen, etwa die von Mohn oder Akelei, gut von gröberen Pflanzenresten trennen.
Lust auf Erntelotterie!
Vergessen Sie beim Eintüten der Saat nicht zu notieren, was Sie gesammelt haben! Mit selbst gemachten Etiketten oder mit Bildern beklebten Tütchen macht die Sammelleidenschaft noch mehr Spaß. Und wer möchte spielt Erntelotterie und sammelt Samen von vielen verschiedenen Sommerblumen in einer Tüte. Solche Mischungen versprechen im nächsten Jahr individuelle, bunt gemischte Beete. Bis zum Aussaattermin werden die Samen kühl und trocken gelagert. Tipp: Geben Sie ein paar Reiskörner als natürliches Trockenmittel mit in die Saat. Reis entzieht dem Saatgut Reste an Feuchtigkeit. Dazu erhitzt man die Reiskörner etwa 45 Minuten lang im Backofen und lässt sie anschließend abkühlen. Um ganz sicher zu gehen, mischt man drei Teile Reiskörner mit einem Teil Saatgut.
Von wunderbaren Supersamen
Nur wenige Pflanzen lassen sich wirklich sortenrein vermehren, aber schöne Blumen bringen sie trotzdem hervor. Die meisten Kultursorten sind heute sogenannte F1-Hybriden. Sie sind die erste Nachkommenschaft zweier gekreuzter Sorten und damit sozusagen die Supersamen; sie bringen bestimmte, erwünschte Eigenschaften wie Farbe, Blütenform und Gesundheit, manchmal auch Duft beider Elternteile mit. Leider sehen deren Nachkommen wiederum meist anders aus als die Elternpflanzen – was die Freude über den selbst gezogenen Pflanzennachwuchs aber nicht trüben muss. Lassen Sie sich einfach überraschen. Die sichersten und schnellsten Erfolge erzielen Sie mit der Aussaat ein- und zweijähriger Sommerblumen – etwa Klatschmohn, Jungfer im Grünen, Sonnenblume, Fingerhut, Vergissmeinnicht und Königskerze. Auch unkomplizierte Stauden wie Vexiernelke, Frauenmantel oder Akelei lassen sich leicht aussäen – und tun das oft sogar von allein.
Tipp: Testen Sie vor der Aussaat im nächsten Frühjahr die Keimfähigkeit des selbst gesammelten Saatguts. Das geht schnell und unkompliziert. Die Samen in ein Glas mit Wasser geben; was zu Boden sinkt ist in Ordnung und kann ausgesät werden.
Ganz natürlich: Schokobraun & Cappuccinofarben
Die trockenen Blüten- und Samenstände, Dolden, Kapseln und Schoten in Mokka-, Café-crème- und Cappuccinotönen sind bizarre Schönheiten mit natürlichem Charme. Die Spätlese aus Natur und Garten hält einige Kuriositäten bereit. Obwohl ihre Blüten und Farben schon längst das Weite gesucht haben, entpuppt sich so mancher Stiel und Stängel als echter Hingucker. Was vom Sommer übrig blieb, verwandelt sich drinnen zu herbstlichen Deko-Arrangements im Naturlook. In Vasen, Flaschen oder einfach in flachen Schalen präsentiert, kommen die puristischen Pflanzenteile gut zur Geltung. Der Aufwand ist minimal, die Wirkung zum Teil umso verblüffender. Die Kunst liegt im Inszenieren des Einfachen. Im Übergang von Herbst zu Winter, wenn es draußen stiller wird, passen die Naturtöne wunderbar in unsere Wohnwelten mit kuscheligen Decken, Holz im Kaminofen, dem Geruch von warmem Tee und Kaffee und Kerzenlicht. Adieu Tristesse – willkommen Gemütlichkeit in Braun, Beige und Grau!
TEXT: Martina Raabe
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