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Lönneberga an der Elbe

Das ist also aus Astrid Lindgrens Michel geworden, mag man denken, wenn man den Künstler Jonas Kötz trifft. Gut, die Haare sind grau, doch die Augen blitzen wie die eines Lausbuben. Und schnitzen kann er auch.

Eine geschnitzte Holzfigur im Staudengarten vor einem alten Bauernhaus.
© Anke Schütz

Die wunderbare Welt des Holz-Künstlers

Die Fahrt zum Resthof der Familie führt durch Felder und Wiesen. Graugänse und Kormorane fliegen in Formation, eine Feldlerche steht rüttelnd in der Luft und singt ihr Lied. Ländlicher geht es wirklich nicht. Direkt hinter dem locker mit Bäumen und Sträuchern bestandenen Grundstück steigt sanft und grün der Elbdeich an. Jonas Kötz begrüßt uns mit einem herzlichen Lachen und einem Händedruck wie ein Schraubstock. Er trägt eine ausgewaschene, blaue Arbeitsjacke und sieht mehr nach Zimmermann denn Künstler aus. Mit Förmlichkeiten wie „Sie“ und „Herr Kötz“ mag sich Jonas nicht aufhalten. Ein herrliches Gefühl, so willkommen zu sein und sich in einer derart ungezwungenen, harmonischen Atmosphäre zu bewegen. Er zeigt uns auch gleich das Familienreich: den von seiner Frau Ami liebevoll gestalteten Garten, das geräumige Wohnhaus mit Stall und die Scheune, in der er bei schlechtem Wetter arbeitet. Dazwischen liegen, stehen und laufen Haustiere. Der schon etwas betagte Hofhund Spike hebt nur kurz die Lider und döst dann lieber weiter. Die beiden Tinkerpferde Njaula und Jenny schauen nicht einmal hoch, sondern setzen ihren Rasenmäherdienst fort und knabbern die saftigen Halme ab. Kater Piefke hingegen entscheidet sich, uns Besucher auf Schritt und Tritt zu begleiten.

Kürbis 'Red Kuri' - Cucurbita maxima
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Celosie - Celosia plumosa 'Fresh-look-orange'
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Rote Bete 'Wintersonne' - Beta vulgaris subsp. vulgaris var. conditiva
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Gartenstrohblume - Helichrysum bracteatum 'Orange'
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Kleine, dicke Männer kommen hier groß raus

Auf unserem Rundgang begegnen wir immer wieder unbeteiligt wirkenden Männern. Gut genährt, die Arme angelegt, schauen sie aus kleinen Augen in den wolkenverhangenen Himmel. Auffallend ähnlich sehen sie sich: Alle haben große Gnubbelnasen, runde, abstehende Ohren, ein respektabler Bauch wölbt sich in des Körpers Mitte, und das Haupt ist haarlos.„Kleine, dicke Männer kamen in meinen Illustrationen oft als Hauptfiguren vor“, erklärt Jonas, „und mit Holz mochte ich schon immer arbeiten.“ Holz gab es auf Krautsand genug, und so kam es, dass wenig später die ersten Holzfiguren auf den Fensterbänken des Wohnhauses und im Garten standen. Einem Spaziergänger gefielen die ausdrucksstarken Männer so gut, dass er sie in seinem Laden in Hamburg verkaufen wollte. „Ich hab ihm dann 20 Figuren geschnitzt. Kurze Zeit später kam er wieder und wollte noch mal 20.“ Die Figuren gingen weg wie warme Semmeln. „Da hab ich mir gedacht, die kannst du auch selber verkaufen.“ Heute, 18 Jahre später, ist die Nachfrage nach den Holzmännern größer denn je. Ein Drittel verkauft Jonas über die renommierte Hamburger Galerie Commeter, und jeweils ein Drittel des Umsatzes machen private und öffentliche Aufträge aus. Viele private Käufer kommen aus der Schweiz. „Von den Schweizern höre ich oft, dass die Figuren so schön norddeutsch aussehen. Tun sie das?“, fragt uns Jonas. Ja, das tun sie.

 

Vom Stamm zur liebenswerten Holzfigur

Der Blick in die Ferne, das Stoische und Solide. Irgendwie nordisch. Die großen Kötzschen Holzfiguren werden aus ausgedienten Dalben geschnitzt. An diesen schweren, bis zu acht Meter langen Holzpfählen, meist aus den unverwüstlichen Stämmen des Bongossibaums, machten einst Schiffe fest. Ein Ende bearbeitet Jonas so lange mit Kettensäge, Stechbeiteln und Schmirgelpapier, bis aus dem runden Stamm ein rundlicher Holzmann geworden ist. Um besser an ihnen arbeiten zu können, steckt er die Stämme in den zwölf Meter tiefen Brunnen im Garten. Mit einem ausgeklügelten Seilsystem hält er sie auf Arbeitshöhe. Holzplanken, die auf den Brunnenrand gelegt werden, bilden eine Plattform. „So bin ich auf Augenhöhe mit der Figur.“

 

Eine Familie zum Knuddeln

Als Jonas Kötz mit seiner Frau Anne-Marie, genannt Ami, aus dem städtischen Blankenese nach Krautsand in der Gemeinde Drochtersen zog, waren sie noch zu zweit, Ami gerade mit Leonie schwanger. Heute zählt die Familie Kötz fünf Mitglieder. Leonie ist mittlerweile 18, Paul 15 und Jacob elf. „Ursprünglich hatten wir den Plan, eventuell wieder nach Hamburg zu ziehen, wenn die Kinder auf eine weiterführende Schule kommen“, erklärt Jonas. Das stand dann aber irgendwann nicht mehr zur Debatte. Jonas: „Wir fühlen uns hier heimisch.“
Der Lebensraum, den die Familie sich geschaffen hat, macht wirklich einen paradiesischen Eindruck: Der Garten ein Blütenmeer, Apfelbäume, die bald üppig tragen werden, Hund, Katze, Pferde, Schafe, ein Teich, in dem man baden kann, die Elbe vor der Tür, Wiesen und Felder um einen herum. Der Umgang der Familienmitglieder miteinander ist so liebevoll, dass man sie alle am liebsten knuddeln würde. Da passt es auch, dass wir zum Mittagessen eingeladen werden. Unsere Stullen konnten wir eingepackt lassen. Ami hat für uns mitgekocht. Zusammen mit den Kindern sitzen wir in der Küche, dem Lebensmittelpunkt des 240 Quadratmeter großen Wohnhauses. Das Innere des Hauses wirkt auffallend lebendig. Alte, neue und selbst gebaute Möbel wechseln einander ab. Die Inneneinrichtung befände sich in einem fortwährenden Veränderungsprozess, erklärt uns Ami.

© Anke Schütz

Bilderbuchmäßig: Studio mit Elbblick

Über eine schmale Holztreppe gelangt man ins Studio des Illustrators Jonas Kötz. Hier oben zeichnet er Kinderbücher von Bauer Dietrich, dem Förster Tannenzapf und vom „Krautsander Gesangsverein“. Von hier oben kann man zwischendurch über den Deich auf die Elbe gucken – Jonas’ Lieblingsausblick. Mehr als 60 Kinderbücher hat er inzwischen illustriert. Manche seiner Figuren gibt es auch im realen Leben. Bauer Dietrich zum Beispiel. Er heißt mit vollem Namen Dietrich Büther und ist – nicht schwer zu erraten – Landwirt. Später, wir sitzen bei einer Tasse Kaffee im Garten, da kommt genau dieser Dietrich und wendet das Heu am Deich. Auf der schnurgeraden Strecke muss Bauer Dietrich nur einmal einen Bogen fahren, denn auch hier oben steht ein massiver Mann aus Holz, schaut in die Ferne und scheint mit seinem Leben sehr zufrieden.

 

Informationen zum Künstler finden sich auf seiner Website (www.jonas-koetz.de).

TEXT: Andreas Lampe

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