Wenn die Eiskristalle im Licht glänzen, scheint im Winter die ganze Natur zu schlafen. Während der kurzen Tage kommen wir zur Ruhe, schmieden Pläne für das neue Gartenjahr und freuen uns auf wärmere Zeiten. Unsere gesammelte Winterlyrik gibt diese Stimmung poetisch wieder.
Winterwärme
Mit brennenden Lippen,
unter eisblauem Himmel,
durch den glitzernden Morgen hin,
in meinem Garten,
hauch ich, kalte Sonne, dir ein Lied.
Alle Bäume scheinen zu blühen;
von den reifrauhen Zweigen
streift dein Frühwind
schimmernde Flöckchen nieder,
gleichsam Frühlingsblendwerk;
hab Dank!
An meiner Dachkante hängt
Eiszapfen neben Zapfen,
starr;
die fangen zu schmelzen an.
Tropfen auf Tropfen blitzt,
jeder dem andern unvergleichlich,
mir ins Herz.
Richard Fedor Leopold Dehmel
Wer sich im Sommer über die Sonne freut,
trägt sie im Winter in seinem Herzen.
Rainer Haak
Der Winter ist kommen
verstummt ist der Hain;
nun soll uns im Zimmer
ein Liedchen erfreun.
Das glitzert und flimmert
Und leuchtet so weiß.
Es spiegelt die Sonne
Im blitzblanken Eis.
Wir gleiten darüber
Auf blinkendem Stahl.
Und rodeln und jauchzen
Vom Hügel ins Tal.
Und senkt sich der Abend,
geht’s jubelnd nach Haus
ins trauliche Stübchen
zum Bratapfelschmaus.
Volksgut
Ohne die Kälte des Winters
gäbe es die Wärme des Frühlings nicht.
Ho Chi Minh
So gehört denn auch zu unserem vögelsingenden, blütenschneienden Frühling, wo der Fluß zwischen duftenden Kräutern tanzt und ein Herz im anderen lebt, jener kalte, vom Wind und Schnee durchkreuzte Winter, wo die eisige Luft mir den Atem an den Haaren zu Reif ansetzte, wo ich so wenig wußte, was mich in den Wintersturm hinausjagte, als wo der Wind herkam und wo er hineilte.
Bettina von Arnim
Am Grunde des Herzens eines jeden Winters
liegt ein Frühlingsahnen.
Khalil Gibran
Frühling, Sommer und dahinter
gleich der Herbst und dann der Winter –
ach, verehrteste Mamsell,
mit dem Leben geht es schnell!
Wilhelm Busch
Frischer Schnee bedeckt die Felder,
nur noch Stille, weit und breit.
und in einem Augenblick spüre ich die Ewigkeit.
unbekannt
Erster Schnee
Aus silbergrauen Gründen tritt
ein schlankes Reh
im winterlichen Wald
und prüft vorsichtig Schritt für Schritt,
den reinen, kühlen, frischgefallenen Schnee.
Und deiner denk ich, zierlichste Gestalt.
Christian Morgenstern
Das Wesen des Frühlings erkennt man erst im Winter,
und hinter dem Ofen dichtet man die besten Mailieder.
Heinrich Heine
Ein knisterndes Kaminfeuer
ist das duftende Blumenbeet eines Wintertages.
aus Persien
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