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Was wächst wo?

Der Garten ist ein Kulturraum, in welchem wir mit lebendigen Materialien – den Pflanzen – arbeiten. Das Verständnis für die zahlreichen Lebensräume der Natur hilft uns bei der Gestaltung unserer Gartenbereiche.

Was wächst wo?
© halfpoint/123rf.com

Pflanzenbewuchs findet sich in der Natur auf schwersten Böden genauso wie auf extrem leichten Böden, wenn auch dort augenscheinlich anders, etwas spärlicher. Denken wir einmal an Sanddünen am Meer. Das sind oft sehr leichte Böden, die kaum den Regen halten können. Die Pflanzen, die dort gedeihen, müssen sich mit den gelegentlichen Niederschlägen oder dem Tau am Morgen zufriedengeben, Salz und Wind verstärken noch den Trockenstress. Auch ihren Bedarf an Nährstoffen werden sie nur mit sehr weit und tief reichenden Wurzelsystemen decken können. Oft stehen einzelne Individuen sehr weit auseinander. Ein anderer, extremer Standort ist die bodennahe Krautschicht in einem alten Laubwald, wo nur im Winter und zeitigen Frühjahr genug Licht bis auf den Boden fällt, damit dort einige Frühjahrsblüher gedeihen. Diese verschwinden dann zum Sommer hin, und am Boden wachsen neben Moosen nur noch wenige Gräser, Seggen und einige Farne.

 

Lebensbereiche im Garten

Vergleicht man einen Garten mit der Natur, wird man feststellen, dass sich immer Parallelen finden und sich Situationen aus der Natur auf den Garten übertragen lassen. Eine Pflanze, die in der Natur auf einem vergleichbaren Standort wächst, wird auch auf einem ähnlichen Standort im Garten gedeihen. Natürliche Pflanzengesellschaften können demnach als Vorbild für die Gestaltung von Gärten dienen. Gärtner sprechen bei einer solchen, von der Natur inspirierten Garten- und Beetplanung von einer standortgerechten Pflanzenverwendung. Ein Abweichen von dieser Methode will immer gut überlegt sein, denn eine Pflanze, die nicht am rechten Ort steht, wird weniger gut oder dauerhaft gedeihen, weniger vital sein und deutlich mehr Arbeit und Pflege verursachen als nötig. Im Umkehrschluss bedeutet das für unsere schwierigen Gartenstandorte, dass wir nicht versuchen sollten, eine Pflanze auf einem völlig anderen Lebensbereich heimisch zu machen, als es ihre Natur ist. Es sei denn, sie ist ein Generalist. Gerade für extreme Gartenstandorte sind die Lebensbereiche besonders wichtig. Im gesättigten Mediumbereich, in dem – wie die Praxis beweist – fast alles wachsen kann, darf das lockerer gehandhabt werden. Grob unterscheiden wir die Lebensbereiche nach Gehölz, Gehölzrand und Freiflächen, nach Steinanlagen in jeweils verschiedenen Ausprägungen sowie nach Wasserflächen mit den angrenzenden Standorten Wasserrand und Sumpf.

 

Freifläche und Beet

Sonnige Standorte auf normalen durchschnittlichen Gartenböden mit einer großen Dosis Sonneneinstrahlung bezeichnen wir als Freiflächen. Der Boden kann dabei trocken sein, feucht oder »frisch«, also irgendetwas dazwischen. Hier herrschen meist sehr gute Wachstumsbedingungen, und die wunderbarsten Pflanzungen sind leicht realisierbar. Als potenzieller Stressfaktor für Gartenpflanzen kommt hier allenfalls die Konkurrenz der Pflanzen untereinander infrage oder – weniger angenehm, aber leider sehr typisch – unerwünschtes Kraut (Un-Kraut) bedrängt unsere Kulturpflanzen. Das klassische Beet oder die berühmten englischen »Mixed Borders« mit ihrer starken Fokussierung auf opulente Blütenpracht haben keine echte Entsprechung in der Natur, auch wenn der Standort einer frischen bis feuchten Freifläche gleichkommt, bei meist höherem Nährstoffniveau. Jenen hochartifiziellen Kompositionen auf besten Böden wird ohnehin ein erhöhter Anspruch an Betreuung und Pflege zugestanden, und somit gehören sie nicht in den Fokus dieses Buches gerückt. Denn über Wachstumseinschränkungen oder Unkraut diskutiert man hier nicht, man entfernt es diskret.

 

Steppenheide und Steinanlagen

Sind die Böden flachgründiger, steinig und nährstoffärmer, geht die Freifläche über in extremere Lebensbereiche. Die sogenannten Steppenheiden sind bereits so mager, dass der Aufwuchs nur noch maximal Kniehöhe erreicht und schon auf den ersten Blick karger erscheint. Angepasste Wildstauden, Gräser oder Sträucher sind klassischen Gartenzüchtungen hier weit überlegen. Noch stärker stressbetont sind Felssteppen. Hier gibt es so gut wie keinen Humus mehr im Boden, nur noch Gestein, Kies und Schotter. Entsprechend herrscht hier langsames Wachstum vor, gestauchte Wuchsformen, Halbsträucher und Polster dominieren. Warum tut man sich so etwas an? Ist dunkler, duftender Humus nicht viel besser für Gartenpflanzen? Die Antwort ist »Jein«, denn die interessantesten Pflanzen kommen tatsächlich von derartigen Naturstandorten, sind langlebiger auf kargem Grund und an solchen Standorten überraschend pflegearm. Wer gerne Minipflanzen sammelt, braucht ein Alpinum. In Steinfugen und Splittflächen, und nur dort, lassen sich jene kostbaren Zwerge am besten kultivieren. Für uns von Interesse sind hier aber eher die extrem trockenen Standorte, die man nicht kleinlich in Steppenheide oder Felssteppe unterscheiden braucht, um sie sinnvoll zu bepflanzen. Kiesbeete und viele »moderne« Vorgärten, die sich »Steingärten « nennen, gehören auch zu diesen Bereichen.

 

Wechseltrockene Böden

Böden, die gewöhnlich frisch bis feucht sind, aber das Wasser nach Phasen längerer Trockenheit verlieren, sind eine besondere Herausforderung, gerade wenn noch die gefürchtete winterliche Staunässe hinzukommt. Solche wechselfeuchten Standorte stellen besondere Anforderungen an Pflanzen, weil sie sowohl Luftarmut im Boden als auch phasenweise Trockenheit tolerieren müssen. Kann das Problem nicht durch bauliche Maßnahmen abgestellt werden, pflanzt man hier aus der Riege der Generalisten, die fast überall gedeihen. Am besten lässt man sich auch dabei wieder von der Natur inspirieren, indem man attraktive Arten von Auenwiesen und frühjahrsnassen Hochstaudenfluren für jene Sonderstandorte übernimmt, um daraus eine vernünftige und gleichzeitig ansprechende Pflanzung zusammenzustellen.

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Extrem trockene Standorte

Richtig schwierig wird es, wenn unter einem Vordach kaum noch Regen den Boden erreicht oder ein Dach mit begrenzter Tragkraft zu begrünen ist. Für flachgündige Substratauflagen auf Dächern gibt es durchaus eine begrenzte Zahl an gut bewährten Arten. Überwiegend handelt es sich dabei um Fetthennen oder Dachwurz. Auch einige Laucharten funktionieren gut, und das selbst bei Dächern mit sehr wenig Erdauflage. Die Grenzen der Möglichkeiten sind erreicht, wenn ein nordseitiger oder anderweitig schattiger Dachüberstand bepflanzt werden soll, und dies noch über der Hausdrainage, sodass weder Niederschlagswasser ankommt, noch gehalten wird. Eine Bewässerungsanlage auf die Hausdrainage zu verlegen, um dort eine üppig grüne Vegetation zu ermöglichen, wäre dann doch ein wenig eigentümlich. Das Zusatzproblem zur Trockenheit ist dort der Lichtmangel, der die zahlreichen sonnenhungrigen Wasserspar-Gewächse aus südländischen Gebirgen ausschließt. Jene aber sind, etwa zusammen mit Freiland-Kakteen, an einer sonnigen Südwestseite bestens aufgehoben. Für die sehr schattigen und dauertrockenen Plätze sind dagegen bewässerte Pflanzkübel eine gute Empfehlung.

 

Gehölz und Gehölzrand

Zwei ausgesprochen zusammenhängende Lebensbereiche, die nahezu fließend ineinander übergehen, sind Gehölzrand und Gehölz. Gerade die verschiedenen Abstufungen des unscharfen Begriffs »Halbschatten« kommen in eingewachsenen Hausgärten besonders regelmäßig vor. Hier finden sich Gehölzgruppen, welche Flächen komplett beschatten, an anderer Stelle trifft die Mittagssonne kurze Zeit auf den Boden, um dann nach und nach weiterzuwandern und dem Schatten sein Refugium zurückzugeben. Für uns Freunde von Extremstandorten sind diese Übergangslebensbereiche vor allem dann besonders interessant, wenn sie aufgrund der nahe der Bodenoberfläche wachsenden Baumwurzeln von sommerlicher Trockenheit betroffen sind. Das passiert unter Bäumen regelmäßig und unterscheidet diese Standorte von jenen etwa an Mauern, die zwar ebenfalls (halb-)schattig sind, aber keinen Wurzeldruck haben. Im Gegensatz zu den oben genannten Stellen unter Dachüberständen tritt der trockene Schatten unter Bäumen nur zeitweise auf, nämlich im Sommer bei voller Belaubung. In den übrigen Jahreszeiten kann es dagegen recht feucht sein, sodass dort vieles gedeihen kann.

 

Anpassungskünstler

Ein schönes Beispiel für die Flexibilität von Pflanzen gegenüber den Lebensbereichen ist die Ruthenische Kugeldistel. Auf ihrem Naturstandort an trockenen Berghängen steht sie oft so mager, dass sie nur Höhen zwischen 20 und 40 Zentimetern erreicht. In Gartenkultur hingegen wächst sie auf gut gedüngten und frischen Böden gerne 130 bis 160 Zentimeter hoch. Sie gehört damit zu den Pflanzen, die auf sonnigen Standorten mit verschiedenen Böden sowie mit unterschiedlichem Wasser und Nahrungsangebot zurechtkommen. Solche Pflanzen können gut an den Übergängen zwischen heterogenen Standorten verwendet werden. Allgemein neigen alle Pflanzen in Gärten dazu, deutlich höher und stärker zu wachsen als in der Natur unter echten Konkurrenzbedingungen. Hatten wir eben mit der Kugeldistel ein Beispiel für eine Staude mit großer Toleranz gegenüber sehr unterschiedlichen Wasser- und Nährstoffangeboten, so gibt es auch Arten, die mit unterschiedlichen Lichtsituationen umgehen können. Sie sind ebenfalls Vermittler zwischen Lebensbereichen. Ein Beispiel ist der in den letzten Jahren immer beliebter gewordene Kerzenknöterich (Bistorta amplexicaulis). Er kommt mit vollsonnigen Standorten genauso gut zurecht wie mit halbschattigen Situationen im Gehölzrand und kann als Gruppe genau zwischen diesen Bereichen gepflanzt werden.

 

Gartenbereiche

Im eigenen Garten hat man es zumeist nur mit wenigen Lebensbereichen zu tun, insbesondere, je kleiner der Garten ist. Je besser man die eigenen Gartenbereiche erkennt und bestimmt, umso leichter fällt die Pflanzenauswahl. Denn die Gärtnereien geben zu allen angebotenen Pflanzen, egal ob Zwiebelgewächs, Gras, Staude oder Gehölz, den bevorzugten Lebensbereich an, oft auch versehen mit zusätzlichen Informationen zum erforderlichen Feuchtegrad (trocken, frisch, feucht), den Pflanzabständen und den normalen Auswüchsen in Breite wie Höhe. Besonders noch unerfahrenen Gärtnern sei empfohlen, die Pflanzenzusammenstellungen innerhalb eines Lebensbereiches zu tätigen. Gerade wenn es sich um mehr oder weniger extreme Standorte handelt, lassen sich auf diese Weise attraktive sowie nachhaltige Pflanzungen erziehen und Enttäuschungen weitgehend vermeiden.

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Der Inhalt aus diesem Artikel ist aus dem Buch:

Till Hofmann / Torsten Matschiess
Und es wächst doch!
Preis: 16,99 € (D) / 17,50 € (A) / 21,90 SFr
ISBN: 978-3-8338-6535-0
Verlag: GU

Welcher Gartenbesitzer kennt das nicht? Die Schnecken vernichten die Blütenstauden, der Giersch überwuchert alle anderen Pflanzen im Beet und an der sonnigen Stelle an der Südseite des Hauses ist bisher noch jede Pflanze vertrocknet. Hier kommt endlich Abhilfe! Dieser Ratgeber gibt erprobte und attraktive Pflanzempfehlungen für Problemstandorte und spezielle Gartensituationen aller Art.



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