Sobald die Tage wärmer werden, können wir es wieder brummen und summen hören. Doch was machen die Bienen im Winter? Was passiert eigentlich so im Bienenstock und ist die Bienenkönigin wirklich allmächtig? Die Antworten auf diese Fragen finden Sie hier!
Von wann bis wann sind die Honigbienen draußen unterwegs?
Das hängt von der Temperatur ab. Liegt sie über 10 °C, ist ein Bienenflug möglich. Je nach Witterungsverlauf eines Jahres starten die Honigbrummer am Winterende oder dem sehr zeitigen Frühling – gerade passend, wenn die ersten Krokusse ihre Blüten öffnen und den ersten Gang des Blütenbüffets des Jahres präsentieren.
Doch die überwinternden Arbeiterinnen eines Bienenstocks lassen als Erstes die Blüten links liegen, denn sie müssen aufs Klo. Im Winter sammeln sich die Stoffwechselendprodukte nämlich im Körper an und werden nicht im Stock gelöst. Dort gibt es nunmal kein stilles Örtchen. Ist die Reinigung erledigt, werden die Bienen wieder ihrem guten Ruf als fleißige Nektar- und Pollensammlerinnen gerecht. Und das so lange, bis etwa im Oktober das Thermometer wieder Werte unter 10 °C anzeigt.
Etwa ab März gehen die Arbeiterinnen, die mitgeholfen haben den Stock über den Winter zu bringen, zugrunde. Sie haben bis zu 10 Monate gelebt – deutlich länger als die Arbeiterinnen, die zwischen Frühling und Spätsommer schlüpfen und gerade mal 5 Wochen alt werden. Aber immerhin erleben sie eine warme, sonnige Zeit und sind den ganzen Tag über etwa in einem Radius von einem Kilometer rund um den Stock herum unterwegs.
Ideale Flugbedingungen haben die Bienenkapitäninnen an regen- und windfreien Tagen und ihre angenehmste Reisetemperatur liegt um 23 °C. Wird es sommerlich heiß und kratzen die Temperaturwerte an die 40 °C-Marke, machen selbst die Musterfleißtiere eine Siesta.
Das geschäftige Treiben ebbt mit schwindendem Blütenangebot und kühleren Tagen ab, und die Bienen ziehen sich im Herbst zurück in den Stock. Durch Muskelzittern heizen sie im Falle des Falles ihr trautes Heim auf und kommen so, eng aneinander gekuschelt, durch die unwirtliche Zeit. Bis sie wieder aufs Klo müssen …
Ist das Leben einer Bienenkönigin wirklich königlich?
Kennen Sie Lieselotte von der Pfalz? Das war die deutschstämmige Schwägerin Ludwigs XIV., die zur Zeit des Barock in Versailles lebte und den offiziellen Hoftitel „Madame“ führte.
Ihre umfangreiche Korrespondenz ist weitgehend erhalten und zeichnet ein sehr drastisch-persönliches Bild des französischen Hofes. Ihr eigenes Leben resümierte sie desillusioniert und lakonisch mit dem Spruch „Madame sein ist ein ellend’ Handwerck“.
Wenn eine Bienenkönigin ein Bewusstsein hätte und vielleicht in einer Talkshow eingeladen würde, kann ich gut mir vorstellen, dass sie einen ähnlichen Spruch äußern würde wie die gute Lieselotte; etwa „Königin sein ist ein ellend’ Handwerck!“. Denn besonders glanzund glorienreich ist das Leben einer Bienenkönigin keineswegs.
Das Königinnenleben wird durch eine besondere Ernährung eingeleitet, denn einige befruchtete Eier werden von der „alten“ Königin in speziell geformte Waben abgelegt. Die dort schlüpfenden Maden bekommen eine besondere Kost, das so genannte Geleé Royal. Das „verzaubert“ sie, die andernfalls zu Arbeiterinnen heranwachsen würden, in kleine schlafende Prinzessinnen. Damit ist aber der Kleinmädchentraum auch schon vorbei, denn sowie die erste Prinzessin schlüpft, beansprucht sie kompromisslos die Königinnenkrone und meuchelt ihre noch schlafenden Prinzessinnenschwestern bereits im Wabenbett durch vergiftete Stiche dahin.
Nach ein paar Tagen ist es soweit, und die nun erwachsene Prinzessin hat zu heiraten. Sie begibt sich meist im Mai auf einen Hochzeitsflug und sucht Sammelplätze von Drohnen, die am besten aus anderen Stöcken stammen, auf, um es mal richtig krachen zu lassen. Dort lässt sie sich in einem – man könnte sagen –„ausgedehnten Staatsakt“ mit bis zu 30 Drohnen ein und sammelt deren Sperma in ihrem Körper, um es für die Eiablage ihr ganzes Leben lang abzurufen.
Diese große Sause ist die einzige, die sie je erlebt. Zurück im Stock angekommen, erkennen die Arbeiterinnen die erfolgreiche Multihochzeit am Stachel, der vom letzten Drohn noch hängegeblieben ist und lassen sie passieren. Nun übernimmt die junge Königin den Stock.
Ihre Mutter und bis dato amtierende Regentin überlässt ihr den Palast und das halbe Volk. Mit der anderen Hälfte schwärmt sie aus, um woanders einen neuen Stock aufzubauen. Aber egal ob junge oder (bis zu fünf Jahre) alte Königin: Eigentlich ist sie eine Gefangene ihres Volkes. Die Arbeiterinnen wissen genau, dass das Schicksal des Bienenstaates vom Wohlergehen ihrer Königin abhängt, und versorgen sie umsichtig. Doch diese muss liefern. Und zwar Eier, Eier, Eier. Eine Legeleistung von 2000 Stück ist am Tag gefragt.
Um die Sommersonnenwende ist das Bienenvolk im Stock am größten und umfasst wischen 40.000 und 60.000 Individuen. Aus den befruchteten Eiern schlüpfen grundsätzlich nur Arbeiterinnen. Drohneneier sind nicht befruchtet, sondern parthenogenetisch entstanden.
Sollte eine Bienenkönigin vorzeitig sterben, wissen sich die Arbeiterinnen zu helfen. Sie erkennen das staatsgefährdende Ableben an einem veränderten Pheromongehalt im Stock – können also die Krise förmlich riechen. Flugs bauen sie Waben entsprechend um und füttern die schlüpfenden Maden darin mit der Königsspeise – und siehe da, eine neue Königin ist bald geboren.
Die Königin ist tot, lang lebe die Königin!
Leben alle Bienen in einem Bienenstock?
Obwohl die Honigbienen als populärste Bienenart in Staaten leben, ist das nicht bei allen Bienen der Fall, sondern eher die Ausnahme. Die so genannten Wildbienen lassen sich nach ihrer Lebensweise nämlich in zwei Gruppen einteilen: Staatenbienen und Solitärbienen.
Lediglich 5 Prozent der Wildbienen bilden Staaten, und vor allem von Hummeln, die zu den Wildbienen zählen, ist das bekannt. Allerdings überwintern die begatteten jungen Hummelköniginnen alleine und haben im Frühling die Mammutaufgabe, sozusagen aus dem Nichts ein Volk aufzubauen, dessen Häupterzahl zwischen 60 und 500 schwankt.
Die allermeisten Bienen leben als Einzelgänger, also solitär. Die Weibchen legen die befruchteten Eier mit einem Starter-Kit aus Nahrung an einen passenden Ort ab und schützen die Ablagestelle durch Versiegelung. Das nennt ein Zoologe „Brutfürsorge“. So genannte Kuckucksbienen, das sind immerhin ein Viertel der Solitärbienen, legen ihre Eier in vorbereitete Ablageplätze anderer Arten. Obendrein ernähren sich die Larven der Okkupanten auch noch von den Eiern und Larven, welche die eigentliche Erbauerin der Wohnung danach dort noch abgelegt hat.
Nimmt die Population der Kuckucksbienen in einem Gebiet überhand, kann die Population der Wirtsbienen sogar zusammenbrechen … und in Folge dessen können sich auch Kuckucksbienen nicht mehr fortpflanzen.
Dann haben die braven Baumeister, die überleben, die besseren Karten, denn sie sind ja nicht auf die Nutznießer angewiesen. Der Bestand der Wirtsbienen wird wieder größer, denn sie sind eine Zeit lang vergleichsweise ungestört. Doch freilich überleben auch einige der Kuckucksbienen und entdecken das wachsende Potenzial für ihre Kinder – und der Rhythmus beginnt erneut.
Ist es nicht faszinierend, wie sich eine Lebensgemeinschaft über die Arten hinweg als stabiles System einpendelt? Es ist lediglich eine Frage der Zeiträume, bis man die Balance in der Natur erkennt.
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Der Text in diesem Artikel ist aus dem Buch:
Andreas Barlage
Wie kommt die Laus aufs Blatt?
Wissenswertes und Kurioses rund um die Tiere in unseren Gärten
Preis 22,00 €
ISBN 978-3-7995-1479-8
Jan Thorbecke Verlag Verlagsgruppe Patmos in der Schwabenverlag AG, Ostfildern 2021
Warum singen Nachtigallen nur nachts? Wie viele Beine haben Tausendfüßler wirklich? Solche und ähnliche Fragen beantwortet Andreas Barlage und widerlegt unterhaltsam und kurzweilig die Ammenmärchen und Mythen über Nützlinge und Schädlinge in unseren Gärten.