Durch Jäten, Tricksen oder Verdrängen werden Unkräuter in ihre Schranken verwiesen. Und wenn die lästigen Wucherer schon einmal da sind, können sie sich auch gleich in der Küche nützlich machen und zu leckeren Gerichten verarbeitet werden.
Unkraut oder Wildkraut?
Das Wort Unkraut ist heutzutage in Ungnade gefallen und politisch nicht mehr korrekt. Wildkraut klingt viel besser, denn dieses Wort bringt keine Wertung mit sich.
Und doch trifft es der bewährte Begriff Unkraut meist ganz gut, denn die vielen wilden Pflanzen, die ungefragt in unseren Garten kommen, sind häufig unerwünscht und ihre Entfernung macht unglaublich viel Arbeit. Im Gemüse- wie im Staudenbeet konkurrieren sie mit unseren Lieblingen um Licht, Wasser und Nährstoffe. Oft wird vielen Arten auch zum Verhängnis, dass sie einfach nicht hübsch genug sind – oder würden Sie in grenzenloser Bewunderung vor einer Wegrauke erstarren?
Aber nicht nur die unscheinbaren Vertreter der heimischen Flora haben das Potenzial zum Unkraut. Ahornsämlinge als Hundertschaft aus den Rabatten zu jäten, artet jedes Frühjahr in Arbeit aus, obwohl wir dem ausgewachsenen Baum durchaus Respekt zollen, aber einen Wald im Garten wollen wir trotzdem nicht.
Auch an sich schöne Stauden, wie die Gilde der Gilbweideriche (Lysimachia), können sich unverschämt breitmachen und andere Pflanzen verdrängen. Auch sie haben das Zeug zum Unkraut, obwohl wir sie sogar freiwillig in den Garten geholt haben und selbst Schuld sind.
Pflanzen aus der Kategorie „die Geister, die ich rief“ punkten mit ihrem guten Aussehen, sodass wir sie erst freudig gewähren lassen, bis sie uns aus allen Ecken des Gartens entgegenwachsen. Das trifft auf das Scharbockskraut und die Silberblättrige Goldnessel zu. Manchmal bekommt man sie auch von wohlmeinenden Gartenfreunden geschenkt, weil sie vermeintlich vom grünen Daumen des Besitzers zeugen. Hierzu zählt die schöne Kanadische Goldrute. Allen ist gemeinsam, dass es viel Kraft und Nerven kostet, sie auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.
Das Geheimnis ihres Erfolges
Was macht Unkräuter überhaupt so erfolgreich? Wie schaffen sie es nur, inmitten der Stauden so groß zu werden, wo doch alle unsere Bemühungen, Stockrosen oder Akeleien an genau derselben Stelle auszusäen, kläglich gescheitert sind? Da sind zum einen die Wurzel-unkräuter. Sie leben sozusagen auf Kredit und haben einen großen Vorteil:
Die Mutterpflanze erfreut sich irgendwo ihres Lebens.
Zum Beispiel, weil der Nachbar sie gewähren lässt – und schickt Ausläufer ins Staudenbeet. Gut versorgt durch die unterirdische Nabelschnur wächst die Brut unseren Gartenpflanzen einfach davon. Zaunwinde und Giersch sind Beispiele für diese Strategie.
Die Zaunwinde kann sogar mehrere Meter weit am Boden entlang kriechen, bis sie sich für eine Rankhilfe entschieden hat. Das macht es besonders schwer, das Epizentrum des Wucherns überhaupt zu finden.
Andere, vor allem einjährige Arten warten nur darauf, durch Umgraben ans Tageslicht zu kommen, sie sind wahre Opportunisten und besiedeln jeden Rohboden als potente Pionierpflanzen – frisch angelegte Stauden- oder Gemüsebeete sind also genau ihr Ding.
Sofort keimen ihre Samen in Windeseile und haben das Terrain erobert, bevor die ausgesäten Gemüsepflanzen den Raum für sich beanspruchen konnten.
Sie setzen ihre ganze Energie für die Fortpflanzung ein: Da sie einjährig sind, müssen sie schließlich nicht in die Zukunft investieren, während die meisten Gemüsearten zwei- oder mehrjährig sind und ein gutes Wurzelwerk brauchen – denken wir nur an Möhre, Mangold, Topinambur oder Zwiebel. Der Weiße Gänsefuß ist so ein Eroberer.
Viele Unkräuter zeichnen sich durch eine große Toleranz gegenüber Umweltbedingungen aus. Ob Pflasterfuge oder Gemüsebeet, Sonne oder lichter Schatten, oft treffen wir auf dieselben Arten. Am optimalen Standort sind sie zu stattlichen Erscheinungen heran gewachsen, weniger glückliche Exemplare am Straßenrand sind dagegen mickrig klein, zur Fortpflanzung kommen sie trotzdem. Der Gewöhnliche Rainkohl oder die Knopfkräuter sind solche Verwandlungskünstler.
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Trotz aller Arbeit, die sie uns machen, haben Unkräuter doch einen Nutzen. Sie dienen Insekten als Nahrung, verhindern Bodenerosion, beschatten das Erdreich, lockern es oder reichern es mit Nährstoffen an. Manche lassen sich zu düngenden Jauchen verarbeiten. Viele Arten, die uns im Garten zufliegen, dienen als Zeigerpflanzen. Sie wachsen z. B. nur auf gut mit Nährstoffen versorgtem Boden oder eher an mageren Standorten. Andere zeigen an, dass das Erdreich verdichtet ist. So können wir ohne Bodenprobe ganz bequem nur durch Beobachten der Spontan Flora herausfinden, wie es um unseren Gartenboden bestellt ist. Das Vorkommen der Brennnessel gibt uns beispielsweise einen dezenten Hinweis darauf, dass wir nicht noch mehr Stickstoff in den Boden einarbeiten müssen.
Erstaunlich viele Pflanzen, die den Garten in Eigeninitiative erobern, eignen sich vorzüglich als Wildgemüse – wenn das nicht ein unschätzbarer Bonus ist. Wo das Grünzeug nun schon mal in rauen Mengen da ist, bietet sich eine kulinarische Nutzung geradezu an. Die Vorteile liegen auf der Hand: Ganz ohne große Mühen und Betüddeln wachsen essbare Pflanzen in unserem Garten. Während wir uns um unser Gemüse bemühen und es gegen allerhand Fressfeinde verteidigen müssen, rühren die Schnecken die Spontan Flora meist gar nicht an, sie ist robust und gesund. Außerdem ist sie stets zur Hand, um in der Küche eingesetzt zu werden – frischer und vitaminreicher geht es nicht. Auch geschmacklich haben die wilden Kräuter so einiges zu bieten, dass man nicht im Supermarkt kaufen kann: Der Geschmack von Gundermann z. B. ist unvergleichlich, frische Hopfentriebe sind für kein Geld der Welt käuflich.
Wir können so manches Unkraut also einfach aufessen und es dadurch gleichzeitig wirkungsvoll mit Messer und Gabel statt mit dem Unkrautstecher in seine Schranken verweisen. Von den vielen nutzbaren Pflanzen im Garten handelt dieses Buch. Sind wir erst einmal auf den Geschmack gekommen, spendieren wir unserem Lieblingskraut bestimmt ein eigenes Plätzchen im Beet oder säen es sogar ganz gezielt aus. Vielleicht bezeichnen wir sie nach dem Kochen dann doch nicht mehr als Unkraut?
Das Essbare erkennen
In diesem Buch haben wir Arten zusammengestellt, die sich leicht identifizieren lassen, sei es am Geruch, durch ihr unverwechselbares Aussehen oder beim Anfassen – auch wenn es wehtut, wie bei der Brennnessel. Gartenbesitzer mit Erfahrung werden ihre Pappenheimer sowieso durch langjährige Sisyphusarbeit ganz genau kennen, Anfänger können hier Pflanzen finden, die keine giftigen Doppelgänger haben und sich bereitwillig zu erkennen geben.
Gibt es doch einmal zum Verwechseln ähnliche Arten, wie das Kleinblütige und das Behaarte Knopfkraut, sind beide essbar. Unter den Doldenblütlern, die viele giftige Vertreter haben, ist der Giersch eine der wenigen leicht zu erkennenden Arten, im Gegensatz zum Wiesenkerbel, der mit der in Gärten häufigen Hundspetersilie verwechselt werden kann. Wenn Sie statt zur Taubnessel aus Versehen zum wuchernden Waldziest greifen, macht das gar nichts, denn auch er ist essbar, riecht aber strenger.
Im Zweifelsfall gilt es, ganz genau hinzuschauen: Wie sind die Blätter angeordnet, wie ist die Behaarung von Laub und Stängel, wie sind die Blüten beschaffen – erscheinen sie vor oder mit dem Laub? Duften die Blätter, wenn man sie zwischen den Fingern reibt oder brennen sie gar?
Allen im Buch beschriebenen Pflanzen ist gemeinsam, dass an ihnen nur selten Mangel besteht, wenn man sie einmal im Garten hat – schon durch ihr einnehmendes Wesen unterscheiden sie sich von zarten Gartengewächsen oder eher empfindlichen Wildpflanzen.
Susanne Hansch/Verlag E. Ulmer
Alle Inhalte und Fotos in diesem Artikel sind aus dem Buch:
Der Giersch muss weg
Susanne Hansch / Elke Schwarzer
ISBN: 978-3-8186-0647-3
Seiten 128,
Klappenbroschüre, Preis 16,95 Euro
Verlag Eugen Ulmer
Viele Pflanzen kommen ungefragt in unsere Gärten. Manche zunächst vielleicht sogar erwünscht, weil sie durch Ihr Aussehen erfreuen, Insekten als Nahrung dienen, oder Bodenerosion verhindern. Wenn sie jedoch bald in allen Ecken wuchern, kostet die Aufgabe, sie auf ein erträgliche Maß zu reduzieren viel Kraft und Nerven.