In dem blauen Duftstrauch lebt die Erinnerung an die Landschaft Südfrankreichs. Die schönsten Lavendel-Sorten kommen jedoch seit jeher aus England – und das ist kein Zufall.
Wo der Duft des Lavendels zu Hause ist
Endlose Lavendelreihen prägen das Bild der Provence. Die Landschaft leuchtet blau – zumindest die Sommermonate über. Während der Erntezeit sprenkeln Lavendelblüten auch die Wege, und über den Dörfern hängen süß duftende Dunstglocken. Denn in vielen Orten wird Lavendelöl in großen Destillationskolben gewonnen. Lavendel ist die Charakterpflanze Südfrankreichs. Seit das Savoir-vivre dieser Region, diese Mischung aus sommerblauem Himmel, zauberhafter Landschaft und gutem Essen, zum Urgefühl von Urlaub geworden ist, hat das Interesse an Lavendel als Gartenpflanze bei uns rasant zugenommen.
Englands Lavendelfarmer
Wer jetzt glaubt, die schönsten Lavendelsorten für den Garten würden ebenfalls aus Frankreich kommen, der irrt. Hier haben einmal wieder die Briten die Nase vorn, wie man unschwer an zwei der ältesten und wohl bekanntesten Sorten ‘Munstead’ und ‘Hidcote’ sehen kann. Doch auch der kommerzielle Lavendelanbau hatte sich schon viel früher in England als in Frankreich etabliert. Das hatte einen einfachen Grund: Auf den britischen Inseln gab es keine natürlichen Lavendelvorkommen. Französische Hugenotten führten die Pflanze im späten Mittelalter ein. Und sehr bald begann das britische Herz für die mediterrane Duftpflanze zu schlagen. Schon Königin Elisabeth I., ihre Regentschaft reichte von 1558 bis 1603, war ein Fan des Lavendel. Sie nutzte ihn unter anderem zur Linderung ihrer Migräne und um sich zu parfümieren. Ein Heer von Gärtnern musste also damals laufend für Naschschub sorgen. So entstanden die ersten Lavendelfarmen, die sich vor allem südlich von London ansiedelten. Mitte des 19. Jahrhunderts wogten dort die blauen Blütenähren auf Feldern mit insgesamt mehr als 100 Hektar Fläche. Offensichtlich tat das milde Inselklima den Pflanzen richtig gut. Das Öl, das von den britischen Feldern gewonnen wurde, war qualitativ sogar besser als das französische Öl und erzielte am Markt deutlich höhere Preise. Einen Boom löste Königin Victoria aus. Es hieß, ihre ganze Residenz wäre von Lavendelduft erfüllt gewesen. Zeitgleich fehlte der auch als Heilpflanze geschätzte Lavendel in kaum einem Cottagegarten. Berühmte britische Gestalter wie Gertrude Jekyll setzen auf die Struktur schaffende Kraft des straff wachsenden Strauchs. Und mit Simon Charlesworth lebt heute einer der bedeutendsten Lavendelgärtner, Sammler und Züchter in England.
Blüten-Farbspiel in Violett, Rosa und Weiß
Am bekanntesten ist der Echte Lavendel (Lavandula angustifolia), der schon in der Provence als Heil- und Parfümpflanze für Furore gesorgt hatte. Man findet die hellviolett blühenden Pflanzen vor allem in den Bergen oberhalb von 500 bis 1500 Metern. Von dort bringen sie auch die gute Winterhärte mit. Erst im Laufe der Zeit fanden Gärtner Sorten mit weißen, rosafarbenen und dunkelvioletten Blüten. Auf den Kalkböden in den Ebenen rund um das Mittelmeer gedeiht der Speik-Lavendel (Lavandula latifolia) bis in Höhen von 600 Metern. Seine Blätter sind grauer und breiter als die des Echten Lavendels. Sie verströmen einen kampferartigen Geruch. Wo beide Arten in der Natur aufeinandertreffen, haben sie sich gekreuzt und einen sogenannten Artbastard, den Lavandula intermedia, entstehen lassen. In Frankreich heißt diese Art, von der vor allem Öl als Aromastoff gewonnen wird, Lavandin. Auch als Gartenpflanze hat sie sich bewährt, obwohl sie frostempfindlicher ist als der Echte Lavendel. Ausgesprochen robust ist die Sorte ‘Grosso’. Die wohl auffälligste Lavendelart ist der Schopflavendel (Lavandula stoechas), erkennbar an den langen Blütenblättern, die wie kleine Fahnen die Ähre krönen. Allerdings ist die Art in unseren Breiten nicht winterhart, sodass sie nur als Kübelpflanze gehalten werden kann. Im besten Fall halten Schopflavendel fünf Minusgrade aus. Dafür blühen sie fast den ganzen Sommer über.
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In der Provence, aber auch in Teilen Italiens erlebt der Reisende die trockene Vegetation der Garigue mit niedrigen, aromatisch duftenden Sträuchern wie Rosmarin, Thymian, Salbei und eben auch Lavendel. Ockerfarbene oder graue Natursteinmauern ziehen sich in feinen Linien durch das Land und geben den struppigen Flächen Struktur. Dieses Spiel von Farben, Düften, Formen und Materialien ist die Inspirationsquelle für eine Gestaltung mit Lavendel. Typisch für alle mediterranen Gewächse sind die derben Blätter – ein Zeichen, dass sie gut mit Hitze und Trockenheit zurechtkommen. Denn die feste, mit grauen Härchen besetzte Blattoberfläche schützt gegen starke UV-Strahlung und reduziert die Verdunstung. Andere trockenheitsresistente Pflanzen sind zum Beispiel Wollziest (Stachys byzantina), Heiligenkraut (Santolina chameacyparissus), Edelraute (Artemsia-Arten), Muskateller-Salbei (Salvia sclarea) und Disteln wie die Spanische Edeldistel (Eryngium bourgatii). All diese Pflanzen lassen sich gut kombinieren. Sie brauchen allerdings eher magere, gut wasserdurchlässige Böden. Für einen Rausch aus Farben sorgen neben Lavendel auch Ziersalbei (Salvia nemorosa) und Spornblumen (Centranthus ruber). Setzen Sie diese Pflanzen immer im Pulk von mindestens drei Exemplaren zusammen, damit sie wirken.
Schöne Alternative: Lavendelreihen statt Rasen im Vorgarten
Eindrucksvoll sieht Lavendel aus, wenn er wie beim feldmäßigen Anbau pur in Reihen gesetzt wird – eine schöne Alternative zu Rasenflächen im Vorgarten. Denn in puncto Schönheit und Pflegeaufwand schlägt Lavendel den Rasen um Längen. Im Gegensatz zu diesem muss er nicht gedüngt, nicht vertikutiert, nicht moos- und unkrautbereinigt und höchstens zweimal im Jahr geschnitten werden. Der Schnitt jedoch ist entscheidend, um den Charakter der Pflanzung zu erhalten. Der beste Zeitpunkt ist unmittelbar nach der Blüte. Dann kann gut ein Drittel des Laubs samt Blütenstielen gekappt werden. Die Sträucher treiben schnell wieder aus. Sie legen sich dann einen dichten grüngrauen Pelz aus frischen Blättern zu, der bis zur Blüte im folgenden Jahr wunderschön aussieht. Zudem wirkt er wie ein Regenschirm, der das Regenwasser von den Wurzeln fernhält. Die Frosthärte der Pflanzen verbessert sich entscheidend, wenn die Wurzeln trocken stehen.
TEXT: Michael Breckwoldt, Martina Raabe
FOTOS: Botanikfoto (1), Fotolia (2), GPP/Helix (17), iStockphoto (1)